Drei Jahre ist es mittlerweile her, dass das Tief "Bernd" über Deutschland gezogen ist. Zwischen dem 12. und 15 Juli 2021 ließen extreme Regenfälle selbst kleine Bäche zu reißenden Flüssen werden. Vor allem Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen wurden von den Unwettern getroffen. Mehr als 180 Menschen kamen ums Leben, 49 davon in NRW.
Das verheerendste Hochwasser, das es bislang in NRW gab, zerstörte Gebäude und Infrastruktur, vernichtete Existenzen und verwüstete ganze Regionen. In den vergangenen Jahren hat die NRW-Landesregierung Millionen Euro zur Verfügung gestellt, um die Menschen beim Wiederaufbau ihrer Häuser und Wohnungen zu unterstützen, aber auch, damit zerstörte Straßen und Brücken wieder aufgebaut werden können.
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Wie es heute in den Städten und Gemeinden in NRW aussieht, ist aber von Ort zu Ort unterschiedlich. Während der Marktplatz in Bad Münstereifel (siehe oben) wieder wie neu aussieht, ist im Erftstädter Stadtteil Blessem noch immer viel zu tun. In unserer interaktiven Vorher-Nachher-Bildergalerie können Sie sehen, wie der Stand beim Wiederaufbau in NRW ist.
Zu den Städten, die besonders hart getroffen wurden, gehört unter anderem Bad Münstereifel. Zwischen dem 12. und 15 Juli 2021 fielen in der Stadt an der Erft nach Informationen des Deutschen Wetterdienstes im Schnitt 130 Liter Regen pro Quadratmeter am Tag. Der Fluss schwoll an und riss bei seinem Weg durch die Altstadt Mauern und Teile der Straßen mit. Drei Jahre später sieht es auf dem Marktplatz aus, als sei nichts gewesen.
Auch die Anwohner und Unternehmer in Bad Münstereifel ließen sich nicht unterkriegen. Viele der Restaurants, Hotels und Geschäfte wurden renoviert und haben heute wieder geöffnet.
Die Orchheimer Straße glich nach der Flutkatastrophe vor drei Jahren einem Trümmerfeld. Hier war kein Stein mehr auf dem anderen. Drei Jahre später ist davon nichts mehr zu sehen.
Ganz anders in Erftstadt-Blessem. Auch hier richtete das Hochwasser der Erft 2021 verheerende Schäden an. Bereits am Vormittag des 15. Juli drangen die Wassermassen in die Kiesgrube nördlich der Ortschaft ein. Dadurch, dass immer weiter Wasser nachfloss, brach der Fluss irgendwann komplett durch. Das führte dazu, dass der Bereich zwischen Blessem und dem Tagebau erodierte und ganze Gebäude, Straßen und Autos mit in die Tiefe riss. Das riesige Loch im Norden Blessems ist zwar mittlerweile geschlossen, neue Gebäude oder Straßen gibt es aber bis heute nicht.
Nach Informationen der Landesregierung erreichte der Wasserstand in der Kiesgrube am 17. Juli seinen Scheitelpunkt. Insgesamt 6,7 Millionen Kubikmeter Wasser, Schlamm und Erde hatten sich dort angesammelt. Mit dieser Menge könnte man umgerechnet 2.700 Schwimmbecken füllen, die 50-Meter-Bahnen haben. Mittlerweile ist aus der Kiesgrube eine Aue geworden. Der Bereich zwischen dem ehemaligen Tagebau und Blessem ist wieder mit Erde verfüllt.
Das Wasser aus der Erft bahnte sich seinen Weg auch zur Bundesstraße 265, die südlich von Erftstadt verläuft. Die Verbindung, die von Köln bis nach Zülpich führt, wurde auf Höhe Erftstadt komplett geflutet. Viele Autofahrer wurden davon überrascht und mussten ihre Fahrzeuge zurücklassen. Heute rollt der Verkehr auf der B265 wieder, als wäre nichts gewesen.
Die Staumauer der Steinbachtalsperre in Kreis Euskirchen ist mittlerweile saniert. Nur durch den Einsatz vieler Helfer konnte verhindert werden, dass der Damm während der Hochwasserkatastrophe brach. Dass sie wieder gefüllt werden soll, steht fest, nur darüber, wie viel Wasser in das Becken kommen soll, diskutieren die Stadt Euskirchen und die Gemeinde Swisttal noch.
Im Aachener Stadtteil Kornelimünster konnte man sich während der Flut im Juli 2021 nur paddelnd fortbewegen. Die DLRG fuhr von Haus zu Haus, um die Anwohner in ihren Wohnungen zu versorgen. Mittlerweile ist man dort auch wieder gut mit dem Auto mobil.
In der Eifel trat die Urfft über die Ufer und spülte im Schleidener Stadtteil Gemünd teilweise die Wege am Ufer weg. Nachdem der Regen aufgehört hatte und das Hochwasser zurückgegangen war, kamen die verschlammten Straßen zum Vorschein - und die Schäden. Mittlerweile sind sie wieder behoben, wie hier rund um das Hotel Friedrichs.
Auch an der B266, die durch Gemünd führt, ist der Schutt schon lange weggeräumt, die Gehwege sind neu gepflastert. Viele der Häuser mussten wegen der enormen Wasserschäden saniert werden.
Als im malerischen Solinger Stadtteil Unterburg im Juli 2021 die Wupper über die Ufer trat, hatte die Feuerwehr alle Hände voll zu tun. Das Wasser flutete Straßen und Keller. Drei Jahre später ist zumindest von außen nichts mehr von den Schäden zu sehen.
Ähnlich sieht es in Leichlingen im Rheinisch-Bergischen Kreis aus. Auch hier richtete das Hochwasser der Wupper großen Schaden an. An den Tagen nach der Katastrophe blieb vielen Anwohner wie hier in der Gartenstraße nichts anderes übrig, als das zerstörte Mobiliar aus ihren Wohnungen und Geschäften zu räumen. Mittlerweile ist dort wieder Normalität eingekehrt.
Davon ist man bei der Spedition Torwesten in Essen noch weit entfernt. Der Bach, der unter dem Gelände des Logistikunternehmens verläuft, schwoll während der Hochwasserkatastrophe so stark an, dass er den Boden aushöhlte. Ein Tanklaster brach durch die Decke. Das Loch, das damals entstand, ist noch immer da. Hinter dem Bauzaun, den die Firma aus Sicherheitsgründen aufgestellt hat, ist ein kleines Biotop entstanden.
Auch im Baldeneysee sprießen Algen und Wasserpflanzen. Nach der Flut 2021 schwamm auf dem See ein dicker Ölfilm. Das Hochwasser hatte Keller geflutet und Autos weggespült. Durch die zerstörten Heizöltanks, kaputten Rohre aber auch undichten Tanks von Autos wurden Öl und Benzin in das Gewässer gespült. Das ist mittlerweile größtenteils wieder abgeflossen. Im Mai war der See stattdessen laut Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz mit Darmbakterien belastet.
Wie viel Schlamm und Schadstoffe in den Baldeneysee gespült wurden, wird auch bei dieser Luftaufnahme des Stauwehrs deutlich. Öl, Benzin und Unrat hatten das Gewässer tief braun gefärbt.
In Altena fielen laut Deutschem Wetterdienst (DWD) in den Tagen vom 12. bis 15. Juli im Durchschnitt fast 145 Liter Regen pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden. Das führte nicht nur dazu, dass der Pegel der Lenne auf 4,44 Meter stieg, das Wasser floss auch von den Bergen rund um die kleine Stadt im Märkischen Kreis. Die Wassermassen bahnten sich ihren Weg in Richtung Tal und rissen dabei Geröll mit, lösten Erdrutsche aus und spülten Straßen hinfort.
Geparkte Autos versanken im Geröll, dass den Berg hinunterkam, Zäune umriss und ganze Gärten in Schutt versinken ließ. Mittlerweile haben die Anwohner die Felsen und Steine beseitigt und die Schäden behoben.
Ähnlich war die Situation im nicht einmal zehn Kilometer entfernten Hagener Stadtteil Hohenlimburg. Auch hier strömten Wassermassen die Straßen hinab und rissen alles mit, was nicht gut genug befestigt war. Drei Jahre später sind die Straßen und Wege dort repariert und die Zäune wieder aufgebaut.
Auch im Ortskern selbst stand das Wasser, weil die Lenne die Regenmengen nicht abtransportieren konnte. In Hagen fielen laut DWD zwischen dem 12. und 15. Juli in der Spitze 175,7 Liter pro Quadratmeter. Das ist der zweithöchste Wert der in ganz NRW gemessen wurde. Nur in Nachrodt-Wiblingwerde wurde mehr Regen gemessen.
Die Folge: Der Kronenburgplatz in Hohenlimburg wurde geflutet. Drei Jahre später erinnert nicht mehr viel an die Hochwasserkatastrophe vor drei Jahren.
Text: Jörn Kießler
Nachher-Fotos: Jan Knoff
Vorher-Fotos: AFP/ Ina Fassbender, AFP/Sebastian Bozon, dpa/Björn Braun, dpa/David Young, dpa/Gianni Gattus, dpa/Michael Gohl, dpa/Oliver Berg, dpa/Ralf Roeger, dpa/Roberto Pfeil, euroluftbild.de/Hans Blossey, Feuerwehr Hagen, WDR/Frank R. Weihs, WDR/Rainer Unkel
Redaktion: Raimund Groß