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Los geht's

Ein Jahr Deutschland

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Die Flucht

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Der Geruch von Auberginen, die in Olivenöl gebraten werden, die gemurmelten Kommentare des Bruders, wenn der FC Bayern München spielt, der väterliche Blick, wenn eines der Kinder beinahe etwas umwirft - für Alan Haso existierte das lange nur in seiner Erinnerung.

Der 30-Jährige kam vor vier Jahren ins Ruhrgebiet, um als Assistenzarzt im OP eines Krankenhauses in Herne zu arbeiten. "Wenn ich genug gelernt habe, gehe ich zurück, um meinen Leuten zu helfen", sagte er damals.
 
Doch dazu kam es nie. Stattdessen ist seine Familie jetzt hier.

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2011 brachen in Syrien Demonstrationen aus, Polizisten schossen in die Menge, verhafteten und folterten. Dann fielen die ersten Bomben, der Bürgerkrieg brach aus, Alans Familie war in Gefahr.
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Alan über den Krieg in der Heimat

"Ich habe mir immer Sorgen gemacht"

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Ankunft im Ruhrgebiet

Vor zwei Jahren, 2013, erlaubte die deutsche Regierung einigen tausend Syrern ihre Familie nachzuholen. Einzige Bedingung: Kosten für Flug, Wohnung und Essen mussten selbst übernommen werden.

Alan füllte die Anträge aus, doch immer wieder gab es Rückschläge. Plötzlich sollte seine Familie Dokumente aus der Hauptstadt Damaskus ranbringen, eine Fahrt durch 700 Kilometer Krieg. Dann war ohne Alans Schuld eine Frist verstrichen. Ein Vorgeschmack auf den Bürokratiewahnsinn, der noch kommen sollte.

Letztlich klappte es aber, Alan ist darüber unendlich dankbar und alles andere ist da nicht mehr wichtig.
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Alan über seine Erleichterung

"Jetzt sind alle da"

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Rinas ist Alans älterer Bruder. Er kam mit seiner Ehefrau, seinen beiden Töchtern, seiner Mutter und seinem Vater zusammen nach Deutschland. In Kamischli, einer Stadt im Norden Syriens,  hatten sie ein Haus. Der Abschied fiel ihnen trotz der bedrohlichen Lage in der Heimat nicht leicht.
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Rinas über Abschied und Neuanfang

"Wir mussten raus, wegen der Zukunft der Kinder"

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Jetzt in Deutschland ist vieles neu, anderes altbekannt. Von Alan wussten sie ja manches, was sie erwartete - und jetzt hoffen sie gleich loszulegen, um Anschluss zu finden.

Doch die Bürokratie macht es ihnen schwerer als gedacht.

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Als erstes sucht Alan eine günstige Wohnung, in der die ganze Familie zusammenwohnen kann.
Der Umzug geht dann schnell. Alan arbeitet zu viel, als dass er sich wirklich eingerichtet hätte. Der einzige private Gegenstand in seiner Wohnung: ein Satz Bettwäsche vom FC Barcelona.
Seine Verwandten brachten aus Syrien nur einige Taschen mit Kleidung.

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Alan übernimmt zusätzliche 24-Stunden-Schichten im Krankenhaus, um für die Wohnung in einer Sozialbausiedlung zu bezahlen.
Die viele Arbeit macht ihm nichts aus. Etwas anderes jedoch schon.
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Alan über den Stress mit Behörden

"Das dauert lange, zu lange"

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Hürden der Bürokratie

Der Vater der Brüder wurde kurz vor der Flucht an den Augen operiert, dringend müssen die Fäden gezogen werden. Er droht zu erblinden. Doch jede Behandlung muss aufwändig beantragt werden.

Das Sozialamt stellt einen Behandlungsschein aus, mit dem Alan zum Hausarzt geht. Dort erhält er eine Überweisung zum Augenarzt. Damit kehrt er zum Sozialamt zurück, das beim Gesundheitsamt einen Antrag stellt. Diesmal auf Behandlung beim Augenarzt.

Die Bewilligung dauert Wochen.
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Rinas älteste Tochter hat Skoliose, eine Fehlstellung der Wirbelsäule. Schon in Syrien erhielt sie Physiotherapie. In Dortmund hatte die Familie den Antrag bereits vor Wochen gestellt. Doch keine Antwort.

In beiden Fällen muss Alan neben den vielen Überstunden jedes Mal zum Amt. Oft um sieben Uhr morgens, gleich nach Ende einer 24-Stunden-Schicht.

Seine Chefs im Krankenhaus unterstützen ihn. Das stundenlange Anstehen auf Ämtern fällt ihm dennoch immer schwerer.
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Alan über die zähen Bewilligungen

"Die Tochter durfte nicht behandelt werden"

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Rinas und seine Frau warten währenddessen seit Monaten auf die Zulassung zum Deutschkurs. Ohne Sprachkenntnisse sind sie auf Alan angewiesen. Und schlimmer noch: Die Welt vor der Haustüre bleibt ihnen verschlossen.

Die ersten Schritte machen sie deshalb allein.
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Erst die Sprache lernen, dann arbeiten

"Gibt jetzt eine bessere Zukunft"

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Deutsch lernen vor dem Fernseher

"Du bist, er ist, ..."

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Alan schafft es nicht alleine

Lange dachte Alan, dass es ohne einen Asylantrag für seine Familie funktionieren würde, dass er sie finanzieren und alles organisieren könnte. Für ihn auch eine Frage des Stolzes. Er will dem deutschen Staat nicht auf der Tasche liegen.  
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Doch jede weitere Warteschlange, jedes komplizierte Verfahren bringt Alan mehr an seine Grenzen. Schließlich kapituliert er. Die Familie beantragt Asyl.

Nur so scheint sie Chancen auf ein normales Leben zu haben. 
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Weniger Abhängigkeit, mehr Sicherheit: Auch das erhofft sich Rinas von dem Asylantrag. So kann er irgendwann eigenes Geld verdienen, sich, seiner Frau und seinen Kindern eine Zukunft aufbauen.

Bis es soweit ist, versucht er auf eigene Faust in Deutschland Fuß zu fassen. 
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Langsame Integration

In seiner syrischen Heimat arbeitete Rinas als Sportlehrer und kickte in einer Herrenmannschaft.

In Dortmund ist er immer häufiger mit dem Rad unterwegs. Sein liebstes Ziel: der Sportplatz vom BV Westfalia Wickede.
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Rinas beim Training

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Seit dem Sommer trainiert Rinas ehrenamtlich zwei Mal die Woche als Co-Trainer eine Jugendmannschaft. 

Eine gute Lösung für alle Seiten. 
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Trainer Björn Budde über seinen neuen Kollegen

"Ein richtiger Glücksgriff"

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Im Verein hat Rinas Anschluss gefunden. Auch wenn es auf dem Platz nicht viele Worte braucht,  steht für ihn die Sprache im Vordergrund. Hier will er Deutsch lernen. Und er ist froh, etwas tun zu können: Er bringt den Kindern das Kicken bei - und lernt von Safira, Kevin und Murat jeden Tag neue Wörter.

Seit einigen Wochen hat Rinas auch endlich einen Platz im Sprachkurs bekommen - und wird immer besser auf dem Platz verstanden.
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Seine Augen nach dem Training verraten, wieviel ihm der Verein bedeutet. Ohne den Fußball wäre er in seinem ersten Jahr in Deutschland wohl nicht so weit gekommen.

Noch mehr aber freut sich Rinas über die Fortschritte seiner Tochter in diesem Jahr.

 
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Nach einem Jahr

Seit dem Sommer geht Namah in die reguläre Einstiegsklasse. Ihre Rückenprobleme sind dank regelmäßiger Behandlung nun fast vergessen und sie findet immer besser Anschluss.




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Namah mit ihren "allerbesten Freundinnen"

"... und für immer Freundinnen"

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Lehrerin Nadine Wortmann über Namah

"Die Kinder sind unheimlich hilfsbereit"

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Namah redet mittlerweile munter drauf los – mit ihren "allerbesten Freundinnen" und jedem, den sie sonst kriegen kann. 

Für Alan ist das jedes mal eine kleine Wiedergutmachung für alles, was die Familie durchgemacht hat. 
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Alan zieht eine positive Bilanz

"Namah hat diese Angst nicht mehr"

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Wenn die Familie Haso beim Tee zusammensitzt, ist sie froh über ihre Entscheidung zur Flucht.

Mittlerweile liegt ein Jahr Deutschland hinter ihnen. Ein Jahr neue Heimat, ein Jahr voller Kämpfe - mit Niederlagen und Erfolgen.

Ein Jahr, das ihnen Mut macht für das nächste.



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