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WDR

Autor: Jörn Kießler
Redaktion: Julia Linn, Johannes Kolb
Video: Jörn Kießler

Medien
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Wespen­sommer in NRW

Wie Sie sich schützen können und die ungeliebten Insekten loswerden

Von Jörn Kießler

Wohl jeder, der in diesem Sommer schon einmal einen Biergarten besucht, auf der Terrasse gegessen oder im Garten gegrillt hat, weiß: In diesem Jahr gibt es extrem viele Wespen. Sie krabbeln in Gläser, stürzen sich auf Kuchen, Eis und Grillgut und im schlimmsten Fall stechen sie auch noch. Kurzum: Wespen sind lästig. Aber wieso gibt es aktuell überhaupt so viele? Was kann man machen, um die Tiere vom Esstisch fernzuhalten? Und warum kann man sie nicht einfach um die Ecke bringen? Diese und andere Fragen beantworten wir hier.

Wieso gibt es in diesem Jahr so viele Wespen?

Dass es in diesem Sommer mehr Wespen gibt als beispielsweise im vergangenen Jahr, hängt vor allem damit zusammen, dass der Frühling in NRW eher trocken und warm war. Zwar regnete es nach Informationen des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) im April 13 Prozent mehr als durchschnittlich. Der März war demnach aber der sechst-trockensten März seit dem Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881. Auch im Mai fiel rund ein Drittel weniger Niederschlag als im langjährigen Mittel. Und im Juni regnete es nach Daten des deutschen Wetterdienstes (DWD) ebenfalls deutlich weniger als gewöhnlich.

Imker und Wespenberater Matthias Kistenich

Genau diese Bedingungen sorgen dafür, dass sich die Eier, die die Wespenköniginnen im Frühjahr legen, gut entwickeln. "Durch die Trockenheit und Wärme im Frühjahr gibt es reichlich Pflanzen und Beuteinsekten für die Wespen", erklärt der Kölner Imker und Wespenberater Matthias Kistenich. So könnten mehr Tiere aus den Larven schlüpfen, die dann der Königin den weiteren Bau des Nests abnehmen, so dass diese sich voll auf das Legen von noch mehr Eiern konzentrieren kann. Ab Juni wachsen die Völker dann immer schneller.

Kistenich selbst merkt vor allem daran, dass er mehr zu tun hat, dass dieses Jahr ein Wespenjahr ist. Denn neben der Imkerei berät er in seiner Freizeit auch Menschen, die ein Wespen- oder Hornissennest im Garten haben und darf die Nester im Notfall sogar umsiedeln. 2021, als der Frühling eher kalt und feucht war, hat er im ganzen Jahr 27 Beratungen durchgeführt und eine einzige Umsiedlung gemacht. "In diesem Jahr bin ich schon bei 80 Beratungen und zehn Umsiedlungen", sagt Kistenich Mitte Juli.

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Welche Wespenarten machen uns das Leben eigentlich schwer?

Nach Informationen des LANUV kommen in Deutschland mehr als 600 Wespenarten und -unterarten vor. Dazu gehören neben den bekanntesten Vertretern - der Deutschen und der Gemeinen bzw. Gewöhnlichen Wespe - auch viele weniger bekannte Arten wie beispielsweise Goldwespen, Grabwespen und Wegwespen.

"Für uns Menschen sind aber vor allem die neun staatenbildenden Wespenarten relevant, die es bei uns gibt", sagt Kistenich - also die, die ein Nest bauen und in Völkern leben. Vor allem mit der Deutschen und der Gewöhnlichen Wespe habe jeder schon einmal Kontakt gehabt, so Kistenich.

"Und das sind die Wespen, die den Ruf ihrer ganzen Sippe versauen."

Denn sie sind aggressiver als ihre Artgenossen. Genau sie sind es, die wir als extrem lästig empfinden, weil sie sich vor allem auf süße Speisen und Getränke stürzen.

Mit der Deutschen Wespe hatte jeder schon einmal Kontakt.

Dass sie uns oft auch beim Grillen auf die Nerven gehen, hängt mit dem Nahrungsverhalten der Insekten zusammen. "Die Gemeine und die Deutsche Wespe sind die beiden einzigen Arten, die auch Aas fressen", erklärt Kistenich. So sei eben auch das Grillfleisch für die Tiere interessant.

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Stehen Wespen unter Artenschutz?

Ja, grundsätzlich stehen alle Wespen unter Artenschutz. Allerdings gibt es Unterschiede beim Status.

So fallen die Gemeine und die Deutsche Wespen laut dem Bundesnaturschutzgesetz (§39 BNatSchG) nur unter den allgemeinen Schutz wild lebender Tiere und Pflanzen. Das heißt, man darf sie nicht "ohne vernünftigen Grund" fangen, verletzen oder gar töten. Wer dagegen verstößt, muss mit einer Geldbuße von bis zu 10.000 Euro rechnen. "Aber natürlich darf man sich zur Wehr setzen", sagt dazu der Biologe Matthias Kaiser, der im LANUV den Fachbereich Artenschutz leitet. Wenn man von einer Wespe gestochen werde, sei die Reaktion in den meisten Fällen ohnehin, dass man sie erschlage. Das geschehe "ganz automatisch und reflexartig", sagt Kaiser. Auch das Nest einer der beiden nicht besonders geschützten Wespenarten kann laut Kaiser entfernt werden. Vorausgesetzt es liegt dafür ein "vernünftiger Grund" vor. "Zum Beispiel bekannte Allergien der Hausbewohner", so Kaiser.

Etwas anders sieht es bei den restlichen Wespenarten in Deutschland aus. Denn sie stehen unter besonderem Schutz, wie der Biologe erklärt:

"Wenn ein Mensch absichtlich und vorsätzlich Individuen oder ein gesamtes Volk einer besonders geschützten Art tötet und damit eine gesamte Population gefährdet, kann dies im Extremfall mit bis zu 50.000 Euro Strafe geahndet werden."

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Was mache ich, wenn ich ein Wespennest im Garten oder in der Wohnung habe?

Wer im Haus, auf dem Dachboden, im Garten oder in unmittelbarer Nähe der eigenen Wohnung ein Wespennest entdeckt, muss zunächst einmal klären, um welche Art es sich handelt. Denn das ist entscheidend dafür, ob und wie das Nest entfernt werden kann. "Da die Tiere gerade in Nestnähe leicht aggressiv reagieren und zudem eine Bestimmung der Arten für jedermann nicht unbedingt leicht möglich ist, sollte in solchen Fällen besser auf Fachleute zurückgegriffen werden", empfiehlt der Biologe Matthias Kaiser.

Handelt es sich nämlich um eine der besonders geschützten Arten, ist für die Entfernung oder Umsiedlung des Nestes eine entsprechende Ausnahmegenehmigung von der jeweiligen Unteren Naturschutzbehörde erforderlich.

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Abgesehen davon haben die meisten Schädlingsbekämpfer zwar die Erlaubnis, Nester der Deutschen und Gemeinen Wespe zu beseitigen, also die Tiere zu töten. Für die aufwändigere Umsiedlung der z. B. besonders geschützten Hornisse ist aber eine Fachausbildung nötig.

"Dazu kommt, dass man auch bei Schädlingsbekämpfern ähnlich wie bei Schlüsseldiensten an schwarze Schafe geraten kann", warnt der Wespenberater Kistenich.

So kenne er Fälle, bei denen Schädlingsbekämpfer, auf die der Kunde im Internet gestoßen war, ein ganzes Volk erfolglos mit Gift malträtierten und anschließend mehr als 700 Euro berechneten.

"Deshalb empfehle ich immer, nicht in Panik zu geraten, sich zu informieren und möglichst einen Schädlingsbekämpfer oder Wespenberater aus der Region zu nehmen", sagt Kistenich. Die Naturschutzbehörden oder Umweltverbände hätten meistens Listen mit Fachleuten. "Und man sollte schon mit der beauftragten Person über den Preis sprechen, bevor diese ihre Arbeit begonnen hat."

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Warum werden Wespen überhaupt geschützt?

Auch, wenn Wespen wirklich nervig sein können - sie sind auch sehr nützliche Tiere.

"Ohne Wespen würde es im Sommer viel mehr Mücken geben." Matthias Kistenich, Imker und Wespenberater

Denn Wespen ernähren sich selbst nicht nur von Pollen, Nektar und Fallobst. Sie brauchen auch tierisches Eiweiß, um ihre Brut, also die frisch geschlüpften Larven damit zu füttern. "Deshalb jagen die Wespen andere Insekten wie Bienen, Fliegen, Mücken, etc. und verfüttern die Beute an die Jungtiere", erklärt der Imker.

Informationen zum Artenschutz (Umweltministerium NRW)

Da für die Deutsche und für die Gemeine Wespe dafür auch tote Tiere - also Aas - in Betracht kommen, fungieren sie zudem noch als eine Art Hygienepolizei. "Eine tote Maus beispielsweise ist nach ein paar Tagen einfach komplett abgenagt", sagt Kistenich. Mögliche Krankheitserreger hätten so weniger Chancen sich auszubreiten.

Dazu kommt, dass Wespen genau wie Bienen Bestäuber sind. Das heißt, sie sorgen bei ihrer Suche nach Pollen dafür, dass sich die Pflanzen, auf deren Blüten sie landen, fortpflanzen können.

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Und wie kann ich mich vor Wespen schützen?

Um Wespen vom Esstisch fernzuhalten oder zu vertreiben, gibt es diverse Methoden - und jede hat ihre Anhänger. Welche am besten funktioniert, muss man meist jedoch durch Ausprobieren selbst herausfinden.

Mit Nelken gespikte Zitrone

Es gibt viele, die auf mit Nelken gespickte Zitronen schwören. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Wespen Nelkenöl wirklich nicht mögen", sagt Wespenberater Kistenich. "Die Zitrone ist ihnen aber ziemlich egal."

Glimmendes Kaffeepulver

Auch eine Methode, die lästigen Insekten zu vertreiben, ist, Kaffeepulver auf einem kleinen Teller abzubrennen bzw. glimmen zu lassen. Der Qualm, der dadurch entsteht, hält die Wespen dann fern. Das funktioniere aber nur im engen Kreis um den Qualm und rieche auch etwas gewöhnungsbedürftig, so Kistenich.

Sprühflasche mit Wasser

Wespen mögen keinen Regen. Fängt es an zu regnen, ziehen sie sich in ihre Nester zurück. Daher kann es helfen, die Tiere einfach mit einer Sprühflasche mit Wasser zu bespritzen, um sie in die Flucht zu schlagen.

Braune Papiertüte aufhängen

Sehr kreativ - laut Kistenich aber meist ohne Erfolg - ist die Methode, eine braune, zerknitterte Papiertüte aufzuhängen. "Manche Menschen denken, die Wespen würden das für ein Nest halten und sich darin zurückziehen", sagt Kistenich. Er selbst habe noch nie erlebt, dass das funktioniert habe. Im Gegenteil: Wespen bauten an geeigneten Stellen sogar Nester direkt nebeneinander.

Ablenkungsfütterung

Kistenich selbst hält die Ablenkungsfütterung für am wirksamsten. "Ich habe sehr gute Erfahrungen mit Apfelmus gemacht", sagt er. Das Schälchen platziert man einfach etwas abseits des Esstisches, möglichst in der Anflugschneise der Wespen. So können sie diese Nahrung leichter erreichen als das Essen auf dem Tisch. Wichtig sei nur, die Ablenkungsfütterung nicht dauerhaft - also auch nach dem Essen - stehen zu lassen. "Sonst werden noch mehr Wespen angelockt und suchen auch die Umgebung langanhaltend ab", sagt der Imker.

Natürlich gibt keines dieser Hausmittel eine Garantie, dass sich wirklich keine einzige Wespe an den Esstisch verirrt. Richtig gefährlich kann es vor allem dann werden, wenn eines der Insekten unbemerkt in ein Glas, eine Flasche oder eine Getränkedose krabbelt. "Stiche im Mund-, Hals- und Zungenbereich können auch bei Nichtallergikern zu akuten Problemen führen", sagt der Expeditionsmediziner Dr. Matthias Giesel. Um das zu verhindern, können Verschlüsse und Strohhalme helfen.

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Was tun, wenn man gestochen wurde?

Wenn man trotz aller Vorsicht dann doch von einer Wespe gestochen wurde, gilt es trotz der Schmerzen erst einmal ruhig zu bleiben. Auch hier gibt es unterschiedliche Hausmittel oder Medikamente, die helfen.

Stachel ggf. entfernen: Grundsätzlich verlieren Wespen im Gegensatz zu Bienen ihren Stachel nicht, wenn sie stechen. Trotzdem kann es passieren, dass der Stachel einmal stecken bleibt. Dann ist es wichtig, diesen zu entfernen, ohne das darin befindliche Gift in die Haut zu drücken. Daher sollte man den Stachel nicht mit zwei Fingern greifen. Stattdessen kann der Stachel bspw. mit einer Plastikkarte von der Wunde weg gestrichen oder mit einer Pinzette möglichst nah an der Einstichstelle gegriffen werden. Giesel rät außerdem auch bei toten Wespen zur Vorsicht. "Auch sie können beim falschen Anfassen noch stechen und Gift absondern", so der Mediziner.

Wärmestift: Sollte doch Gift unter die Haut gelangt sein, hilft die sofortige Behandlung mit einem Wärmestift. Die Hitze sorgt dafür, dass das Eiweiß im Wespengift zerstört wird und so nicht wirken kann. Die Folge: der Stich schwillt weniger an und juckt vor allem nicht so sehr.

Kühlen: Abgesehen davon hilft es, den juckenden Stich zu kühlen. Dafür eignen sich Eiswürfel, Kühlpacks und sogar ein bisschen Spucke, die man mit dem Finger auf dem Stich verteilt. "Häufig tritt die Schwellung auch erst am nächsten Tag auf", sagt Giesel. "Dann kann es auch mal notwendig sein, den Fuß oder den Arm hoch zu lagern und nicht zu belasten." Auch Mittel wie Fenistil oder Kortison könnten das Abschwellen unterstützen.

Halbierte Zwiebel: Ein altes Hausmittel ist die halbe Zwiebel, die man mit der angeschnittenen Seite auf den Stich drückt. Denn die Zwiebel kühlt nicht nur, ihr Saft wirkt auch desinfizierend und entzündungshemmend. Wer keine Zwiebel im Haus hat: Eine Zitrone wirkt ähnlich. Allen, die keine Freunde solcher Hausmittel sind, empfiehlt Expeditionsmediziner Giesel einen Umschlag mit einem Wunddesinfektionsmittel wie zum Beispiel Octenisept.

Antihistaminikum: Gerade Menschen, die Wespen- und Bienenstiche nicht gut vertragen oder sogar allergisch sind, sollten immer ein Antihistaminikum im Haus oder dabei haben, das nach einem Stich eingenommen werden kann. "Echte Allergiker sind zum Glück recht selten", sagt Giesel. Diese wüssten es aber meist und benötigten nach einem Stich häufig einen Notfallpen. "Dann kann es sein, das schnellstmöglich Adrenalin verabreicht werden muss", sagt Giesel. Bei schnellem Zuschwellen und bekannter Allergie rät er, frühzeitig den Rettungsdienst zu alarmieren. Die Rettungssanitäter könnten dann das Spritzen der Medikamente übernehmen. "Diese helfen dann sicher und schnell", so Giesel.

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Oder weiterlesen: Woraus Wespen ihre Nester bauen