Von Sabine Schmitt | Veröffentlicht am 10. Mai 2025
Am Samstag, 10. Mai, ist unsere Redaktion zu Gast in Beverungen, im Rahmen der WDR aktuell Tour. Wir wollten darum vorher wissen: Was bewegt Beverungen? Der Ort punktet mit Kultur und Natur, schwächelt aber bei Jugendangeboten, ÖPNV und wirtschaftlichen Perspektiven. Das sagen Menschen in und aus Beverungen, die wir befragt haben. Hier gibt es die ausführliche Auswertung unserer Befragung, mit Videos, Zitaten und den Ergebnissen einer deutschlandweiten Befragung dazu, wie Menschen auf dem Land sich durch die Politik vertreten fühlen.
Was heute bei unserem Besuch in Beverungen passiert, was Menschen vor Ort erzählen und wie es in unseren Redaktionen aussieht: Aktuelle Eindrücke bekommt ihr den ganzen Tag im Liveticker von der WDR aktuell-Tour in Beverungen.
Beverungen, im Kreis Höxter. Etwa 13.000 Menschen leben hier, bis nach Niedersachsen und nach Hessen ist es nicht weit. Die Weser fließt hier lang. Die Wirtschaft? Mittelständisch geprägt. Vor dem Rathaus gibt es einen idyllischen Platz. Für Freizeitaktive gibt's den Weser-Radweg und viel Natur.
Die nächsten großen Städte? Höxter mit etwa 30.000 Einwohnern ist etwa 15 Kilometer entfernt. Paderborn, Kassel und Göttingen sind etwa 60 Kilometer weit weg.
Idyllisch: der Rathausplatz in Beverungen
Wie ist es hier zu leben? Wir von WDR aktuell wollen mehr darüber erfahren, die Menschen und die Stadt kennenlernen. Unsere WDR aktuell Tour 2025 führt uns deshalb am 10. Mai hierher. Wir berichten online, im Radio und im Fernsehen aus und über Beverungen.
Wir wollten aber auch schon vorab erfahren, was die Leute hier bewegt. Was läuft gut, und wo brennt’s? Diese Fragen haben wir hier schon vorab gestellt — zum einen auf der Straße und zum anderen in einer Online-Befragung, an der alle Beverunger teilnehmen konnten und einige es getan haben.
Am Samstag, 10. Mai, können Besucher an unserem zentralen Stand übrigens noch an der Befragung mitmachen.
Was schätzen die Menschen, die wir getroffen haben? Vor allem die Kultur, die Natur und das Einkaufsangebot. Außerdem ist da die Liebe zur Weser und den Radwegen. Aber es gibt auch Sorgen: Der ÖPNV wird als mangelhaft oder nicht existent beschrieben, die Jugend vermisst Angebote und Perspektiven, die Fahrradverbindungen zu den Ortsteilen gelten als verbesserungswürdig. In den Dörfern hapert es am Internet. Und viele finden, dass Beverungen in den Medien zu wenig stattfindet.
Einige Menschen haben uns ausführlicher erzählt, was sie beschäftigt - hier zeigen wir eine Auswahl davon.
Lara Schroeder, 22 Jahre, Ausbildung zur Altenpflegerin
"Weit vorne finde ich Beverungen bei Veranstaltungen. In der Stadthalle finden oft Kulturangebote statt, da kommen Comedians, es sind Musiker hier. Dafür interessieren sich Jüngere und auch Ältere. In Sachen Politik sehe ich Beverungen weit hinten. Ich habe das Gefühl, die jüngere Generation darf sich politisch nicht so wirklich dazu äußern, was in diesem Land verbessert werden kann oder nicht gut ist. Die jüngere Generation hat nicht so wirklich Mitspracherecht. Also da ist immer noch dieses alte Denkmuster. Aber wir sind die neue Generation, also sollten wir auch mehr Mitspracherecht haben."
Chantal Adler, 21 Jahre, Kinderpflegerin
"Also eher weit vorne ist Beverungen auf jeden Fall, was die Attraktion angeht und generell was für Aktionen hier gemacht werden, zum Beispiel das Blütenfest. Auch in der Stadthalle ist öfters was los. Wo ich mich eher abgehängt fühle, ist gerade im jugendlichen Bereich. Da gibt es leider nicht so viele Möglichkeiten für uns. Aber ansonsten fühlen wir uns wohl."
Amir Sheikhmous, 33 Jahre, Koch
"Es läuft gut hier. Ich lebe seit zehn Jahren in Deutschland und ich habe nichts mit Beverungen Vergleichbares gesehen. Es gefällt mir sehr. Es ist ein schönes Dorf. Es gibt die Weser und Wohnungen, Arbeit. Hier ist NRW, aber wir sind nah an Lauenförde und Niedersachsen. Wohnungen sind ein bisschen schwer zu finden, auch wegen der Menschen aus der Ukraine, die in den letzten zwei Jahren nach Deutschland gekommen sind wegen des Kriegs."
Saskia Dewenter, 23 Jahre, Altenpflegerin
"Ich finde, dass Beverungen mittlerweile wieder schön viele Läden aufblühen lässt. Auch das mit dem neuen Café Lavanta ist sehr schön. Was ich sehr schade finde in Beverungen: Viele Veranstaltungen, die sonst hier waren, wechseln nach Höxter. Ich fand es immer sehr schön, wenn das hier stattfand. Man war hier zentral. Beverungen ist auch recht bekannt, finde ich. Wir hatten ja zum Beispiel das 'Heaven Can Wait'-Festival, das ist jetzt auch in Höxter. Das ist traurig, dass das hier nicht mehr stattfindet."
Ralf Wortmann, 63, Rentner
"Beverungen ist zumindest eine sehr lebenswerte Stadt. Wir sind weit vorne bei Kultur, kulturellen Veranstaltungen und Open-Air-Veranstaltungen. Wir haben das Weser-Festival, Orange Blossom, die Stadthalle — ein riesengroßes kulturelles Angebot. Sehr gut ist die Anbindung an die Schulen. Wir haben hier alle sämtliche Schulformen. Wir haben auch gute Freizeitmöglichkeiten — zum Beispiel den Weser-Radweg, die Weser-Promenade, das Freibad. Wir bauen ein Hallenbad, es gibt die örtlichen Sportanlagen. Für alle gibt es also gute Angebote, und das ist sehr positiv. Negativ ist, würde ich sagen, dass das Angebot für die Jugend noch nicht ausreichend ist. Wenn ich an meine Zeit zurückdenke, dann sehnt man sich auch nach reinen Jugendstreffs. Die sind hier nicht gegeben, deswegen ist den Leuten meistens nur die Gelegenheit gegeben, sich hier an den Weserwiesen oder sonst wo zu versammeln."
An der Weser ist es wunderschön.
Edeltraud Behler, 63
Blick auf die Weser: der Sky-Walk in Beverungen
Unsere Umfrage in Beverungen beschreibt lokale Stärken, aber auch Herausforderungen und Probleme. Einige dieser Probleme könnten womöglich effektiver angegangen werden, wenn die deutsche Politik den ländlichen Raum mehr im Blick hätte — denn in der Wahrnehmung vieler Menschen tut sie das nicht. Das ist das Ergebnis einer aktuellen und repräsentativen Infratest dimap-Studie, die der WDR in Auftrag gegeben hat.
In der Studie wurde untersucht, ob Politik die Interessen von Stadt- und Landbewohnern angemessen vertritt. Dafür wurden mehr als 1.300 Menschen in Deutschland befragt. Das Ergebnis zeigt deutliche Unterschiede zwischen Stadt und Land und eine Diskrepanz: Die Befragten waren der Meinung, dass Politik Interessen von Landbewohnern schlechter vertritt, als die von Stadtbewohnern. Weniger als jeder Dritte (27%) bewertete die Vertretung von Interessen von Landbewohnern positiv — für Stadtbewohner lag der Wert mehr als doppelt so hoch (63%).
Im Detail sehen die Ergebnisse so aus: Für das Land bewerten nur 27 Prozent die Interessenvertretung positiv (3 Prozent sehr gut, 24 Prozent gut), 61 Prozent bewerten sie negativ (54 Prozent weniger gut, 7 Prozent schlecht). Für die Stadt ist es umgekehrt: Dort bewerten 63 Prozent die Interessenvertretung positiv (11 Prozent sehr gut, 52 Prozent gut) und nur 24 Prozent negativ (21 Prozent weniger gut, 3 Prozent schlecht).
Autorin: Sabine Schmitt
Straßen-Umfrage: Jan-Ole Niermann
WDR-Datenteam: Nándor Hulverscheidt, Jannes Höke
Grafik: Arnold Borrmann, Marco Hörnchen, Christine Schuller
Redaktion: Raimund Groß und Till Hafermann