Für dieses multimediale Reportage-Format nutzen wir neben Texten und Fotos auch Audios und Videos. Daher sollten die Lautsprecher des Systems eingeschaltet sein.
Mit dem Mausrad oder den Pfeiltasten auf der Tastatur wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.
Durch Wischen wird die jeweils nächste Kapitelseite aufgerufen.
Am 25. November 2005 beginnt für die Menschen im Münsterland ein
Schneechaos, wie sie es noch nie erlebt haben. Auf den glatten Autobahnen
staut sich viele Kilometer lang der Verkehr. Strommasten knicken um wie
Streichhölzer. Kurz darauf geht nichts mehr: 250.000 Menschen müssen
ohne Strom auskommen.
Auf der Autobahn 31 beim Kreuz Gronau/Ochtrup hängt quer über der Fahrbahn eine Hochspannungsleitung. Die Menschen auf der Autobahn sitzen fest. Sie müssen stundenlang warten und wissen nicht, was passiert. Irgendwann sind sie hungrig, durstig und wütend. Doch die Rettungskräfte kommen nicht durch. Dann wird es dunkel.
Der Polizist Klaus Laackman erinnert sich noch genau an diesen Abend. Er hat versucht, die Menschen auf der A 31 zu beruhigen. Endlich wird das Kabel durchtrennt.
Temperaturen um den Gefrierpunkt, nasser, schwerer Schnee und Sturm: auf
den Stromleitungen im Münsterland pappt eine dicke Eisschicht. Über 80 Strommasten knicken unter der Last des Schnees um. Der Flughafen Münster-Osnabrück wird geschlossen, der Zugverkehr eingestellt. Im Westmünsterland wird Katastrophenalarm ausgelöst.
Stefan Schindelbauer (RWE-Tochterunternehmen Westnetz) erinnert sich an Freitag, den 25.11.2005. Er weiß damals zunächst nur von Kurzschlüssen und abgestellten Stromkreisen. Er schickt die Kollegen raus, dann ruft einer an:
Schnee und umgestürzte Bäume haben auch die Schienen blockiert. Der Zugverkehr wird eingestellt. Im Hauptbahnhof Münster können Pendler im alten Luftschutzbunker schlafen, so Bernhard Wessels von der Feuerwehr Münster.
In Ochtrup (Kreis Steinfurt) geht am Freitagabend kurz vor 18 Uhr in der Kneipe von Hermann Bücker plötzlich das Licht aus. Zunächst weiß niemand, was passiert ist. Der Abend in der Kneipe wird noch sehr gemütlich. Und niemand ahnt, dass Ochtrup fünf Tage ohne Strom sein wird. Hermann Bücker erzählt:
Überall im Münsterland wird fieberhaft gearbeitet, an den Stromleitungen, auf den Autobahnen, bei den Krisenstäben. Notstromaggregate aus ganz Deutsch- land treffen ein.
Auf den Stromleitungen pappt am Freitag eine dicke Eisschicht.
Leitungen reißen, über 80 Strommasten knicken im Münsterland um. Das ganze Ausmaß der Schäden sieht man erst am nächsten Tag.
Das Geräusch dieser Tage: der Dieselmotor der Notstromaggregate. Am Sonntag, den 27.11., werden die ersten Orte wieder mit Strom
versorgt. Auch in Ochtrup (Kreis Steinfurt) gibt es erste Notstromaggregate, die Stadthalle ist für alle Anlaufstelle in diesen Tagen.
Anfang der Woche gibt es in immer mehr Orten wieder Strom. Dafür schuften die Arbeiter an den kaputten Masten. Noch aber haben auch die ehrenamtlichen Helfer alle Hände voll zu tun. Vor allem in Ochtrup.
Am Montag, dem 28.11., gibt es in Ochtrup (Kreis Steinfurt) noch immer keinen Strom. Die Geduld wird auf eine harte Probe gestellt, das merkt man auch bei Christoph Zurkuhl.
Bei dem Schneechaos im Münsterland ist kein Mensch ums Leben gekommen. Dennoch gibt es gewaltige Verluste auf Bauernhöfen, in Gärtnereien, Betrieben oder Geschäften - alle hat das Stromchaos im Münsterland getroffen.
Der Stromausfall trifft vor allem die Landwirtschaft. Bauern müssen die brüllenden Kühe melken, Ferkel oder Geflügel brauchen Wärme. Einige Landwirte haben Notstromaggregate und können schon am Freitagabend damit ihre Höfe versorgen. Auch Geflügelhalter Antonius Berning hat ein Notstromaggregat eingeschaltet. In der
Nacht hilft er, mit seinem Trecker Autos aus den Schneemassen am
Schöppinger Berg zu befreien. Als er auf den Hof zurück kommt, sieht er:
kein
Licht im Hühnerstall. Das Notstromaggregat ist kaputt. 24.000 Hühner
sind verendet.
Am Mittwoch, den 30.11.2005, kündigt die RWE AG an, dass sie einen Härtefallfonds über fünf Millionen Euro einrichtet. Dies erklärt Bertold Bonekamp, RWE Energy AG:
In den Wochen nach dem Schneechaos kommen Diskussionen auf, ob die Masten umgeknickt sein könnten, weil sie teilweise alt waren und aus sprödem Thomasstahl bestanden. Die RWE AG hat dazu Gutachten in Auftrag gegeben. Das Unternehmen lehnt eine Verantwortung für die Schäden ab und verweist auf die extreme Wettersituation. Im Münsterland beträgt allein der wirtschaftliche Schaden rund 100 Millionen Euro. Nach ersten Schätzungen geht die RWE AG davon aus, dass die eigenen Schäden
eine zweistellige Millionensumme erreichen.
Christoph Huil (RWE-Tochterunternehmen Westnetz) erinnert sich noch genau an den großen Moment am Mittwoch, den 30. November um 20 Uhr. Nach fünf Tagen ohne Strom ist auch Ochtrup wieder am Netz.