Abschied von OpelHoffnungsträger a. D.von Maike von Galen und Christian Wolf
Opel in Bochum - das war einmal die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Ein sicherer Job, ein gutes Einkommen und ein angesehener Konzern. Übrig geblieben ist davon nicht mehr viel. Was in diesen Tagen mit der Produktion des letzten Autos und der Schließung des Werks sein trauriges Ende findet, sorgte vor über 50 Jahren für Aufbruchsstimmung im gesamten Ruhrgebiet.
"Wo das herz noch zählt, nicht das große geld"Die Opel-Familie
"Opel ist Bochum und Bochum ist Opel." So beschrieb Sänger Herbert Grönemeyer einst das Verhältnis seiner Heimatstadt zum Autobauer. Und in der Tat: Eine so enge Verbindung der Menschen zu ihrem Job gibt es heutzutage nur noch selten. Die Bochumer sind stolz darauf, Teil der großen Opel-Familie zu sein.
"Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt..."Der Abschied
Es war ein Abschied auf Raten: Spätestens seit 2004, als Opel die Motorenproduktion in
Bochum beendete, begann der Überlebenskampf. 2009 entging Opel nur um ein Haar der Insolvenz. Erst hieß es, Opel würde 2016 Bochum verlassen - doch im April 2013 entschied der Aufsichtsrat, dass schon jetzt, im Dezember 2014, der letzte Opel in Bochum vom Band rollen soll. In der Stadt nimmt man mit gemischten Gefühlen Abschied.
Was bleibtDas Warenverteilzentrum
Ganz verlässt Opel Bochum nicht: Das Warenverteilzentrum, in dem schon jetzt 430 Menschen arbeiten, soll bis 2016 sogar noch einmal erweitert werden: 60 Millionen Euro will Opel in den Umbau stecken, dazu ein 95.000 Quadratmeter großes Anbaugebäude bauen.700 Mitarbeiter sollen dort in Zukunft beschäftigt sein.
Umparken im KopfEine Zukunft ohne Opel
Wer durch die Bochumer Innenstadt spaziert, der erlebt fröhliche Menschen beim Einkaufen - wie in jeder anderen Innenstadt auch. Von der "gebeutelten Stadt", als die Bochum häufig beschrieben wird, ist hier nichts zu spüren.
Rund 360.000 Menschen leben in Bochum, Tendenz fallend: Für 2025 rechnet die Stadt noch mit 345.000 Einwohnern. Die Arbeitslosigkeit liegt mit 10,4 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Dennoch: Vom Niedergang der Stadt will hier niemand sprechen - lieber von neuen Perspektiven. Für die ist hier Rolf Heyer zuständig, Geschäftsführer der Perspektive Bochum 2022.
Zukunftsplan 1: Päckchen statt Autos
Als "Lichtblick" feierten viele die Nachricht aus dem Frühjahr 2014: Der Paketdienst DHL wird bis 2016 eins seiner größten und
modernsten Verteil-Zentren auf dem Gelände des Opel-Werks bauen. Auf 150.000 Quadratmetern sollen pro Stunde 50.000 Pakete über die Fließbänder fahren - und Arbeit für rund 600 Mitarbeiter schaffen.
Das Manko: die meisten der Jobs liegen im Niedriglohnbereich - selbst mit allen möglichen Zulagen kann ein Paketzusteller nicht mehr als 12,70 Euro pro Stunde verdienen. Ein Opelaner bekam bislang mindestens 20 Euro pro Stunde.
Zukunftsplan 2:Wissen statt Industrie
Ginge es nach den Bochumer Stadtplanern, dann gehört das Image von Zechen und Industrie bald nur noch zur Vergangenheit der Stadt. Stattdessen setzen sie auf junge Menschen und ihre Köpfe: 40.000 Studenten hat die Ruhruniversität Bochum schon heute - auch sie ist ein großer Arbeitgeber in der Stadt: Rund 5.600 Mitarbeiter sind am Campus angestellt - zur Hälfte wissenschaftliches, zur Hälfte nichtwissenschaftliches Personal. Auch auf dem ehemaligen Opelgelände will die Uni sich ansiedeln.
Ob auch hier für einige Opelmitarbeiter neue Jobs zu finden sind? Rolf Heyer glaubt daran.
"Vor Arbeit ganz grau"Düstere AussichtenAn Opel hängt noch mehr
Nicht alle sind so optimistisch wie der Stadtplaner Rolf Heyer. Kritiker fürchten, dass auch in den Zuliefererbetrieben und im Einzelhandel rund um das Werk in Zukunft Arbeitsplätze verloren gehen. Die kann man nicht alle an der Uni wieder aufbauen.
Die Betriebsratsmitglieder Rainer Weinmann und Annegret Gärtner blicken deshalb mit Sorge in die Zukunft:
Der Fall DetroitUntergang einer Autometropole
Auch Detroit, der Stammsitz von Opelmutter General Motors, war einmal prägend für die Autoindustrie. Was mit einem großen Aufbruch begann, endete jäh: Heute ist die Stadt völlig pleite. Die einstige
Millionen-Metropole könnte als Kulisse für einen Endzeit-Film dienen: kaputte Häuser, ausgestorbene Straßen - eine verlassene Stadt. Rund 35
Prozent des Stadtgebiets gelten mittlerweile als unbewohnbar.
Dabei gab es viele Versuche, die Stadt zu retten: Hightech-Industrie sollte angesiedelt werden, städtische Brachflächen zu Äckern umgebaut werden. Doch die Versuche schlugen fehl - Detroit gilt bis heute als Symbol für den Untergang einer Stadt nach dem Wegzug des wichtigsten Arbeitgebers.
Das Detroit-ProjektEine bessere Zukunft für Bochum
"This is not Detroit - das ist nicht Detroit": Mit diesem Leitspruch taten sich Anfang 2014 Künstler des Schauspielhauses und "Urbane Künstler Ruhr" zusammen, um Bochum mit einem großen Mitmach-Festival neue Perspektiven aufzuzeigen. Entstanden sind Installationen, Theaterstücke und Filme - viele davon handeln von Opel, und davon was bleibt, wenn "ein Werk verschwindet."