Onkel Willi
Onkel Willi Lebenskünstler bis zum Tod
Dies ist die Geschichte seines Lebens - von ihm selbst erzählt. Onkel Willi beginnt mit dem letzten Kapitel:
Willi und wir
kannten wir uns seit über zehn Jahren.
Irgendwann hatte er erzählt, dass er der
Nachwelt gerne etwas hinterlassen würde -
typisch Künstler.
Dies ist also sein Nachlass. Wir kehren
zurück in die gute alte Zeit. Onkel Willy
lebt in seiner Laube und macht Musik
auf seiner Rathaustreppe.
Der Musikant
Hey, Mister Tambourine-Man... play a song for me!
von Münster - und das seit 40 Jahren.
Immer mittwochs und samstags sitzt
er vor dem historischen Rathaus
und spielt seine Rolle.
Onkel Willis Hütte
Die Altersresidenz
Schrebergarten-Laube - "am Rand der
Stadt, am Rande der Gesellschaft."
Es ist ein schmaler Grat zwischen
freaky und verwahrlost.
Der Geburtstag
70!Onkel Willi hat Geburtstag
deutlich, wie viel den Münsteranern an
"ihrem" Willi liegt.
Alle für einen - einer hat Geburtstag
und alle gratulieren.
Das Geschenk
680 Euro
680 Euro im Gitarrenkoffer.
Was tun mit soviel Geld?
Neue Fenster? Briketts? Klamotten?
Nichts dergleichen.
Wie er wurde, was er ist.
Onkel Willis Lebenslauf
"Es hätte besser nicht laufen können."
Er hat nichts ausgelassen. Von der Wiege
bis zur Laube: Es war die volle Dosis
Zeitgeschichte.
Der Lebensgefährte
mit Onkel Willi in der Laube.
"Mein Sohnemann sozusagen."
Katerchen ist ganz der Papa:
Er liebt die Freiheit und
lässt sich nichts sagen.
Gedanken zum Tod
Die Luft wird dünner
Das Leben, das er lebt, bringt ihn
irgendwann um. Vor allem die Lunge
macht ihm schwer zu schaffen. Was also tun?
Für Onkel Willi ist die Antwort klar: Weitermachen! "Weil ich es richtig finde,
dieses Leben bis zum Ende durchzuziehen."
Sterben muss er ohnehin. So ist das Leben.
Willi und sein Publikum
Wo ist Onkel Willi?
Onkel Willis Sandsteinbühne ist
wieder einmal leer. Seit seinem letzten
Auftritt sind Monate vergangen.
Man munkelt, er sei krank.
Was man weiß: Er lebt. Alles andere
hätte sich herumgesprochen.
Die heiligen Stufen
Trubel bleiben diese Stufen frei.
Als gäbe es in Münster ein
ungeschriebenes Gesetz: Wenn
hier einer sitzt, dann Onkel Willi.
Onkel Willi hat den Blues
und finanziell. Auch seine Songauswahl
klingt alles andere als optimistisch:
"Knockin´on heaven´s door."
Ein Hilfsangebot
auf dem Prinzipalmarkt unterwegs.
Sie arbeitet für das HdW - das
Haus der Wohnungslosenhilfe.
Onkel Willi steht auf ihrer Liste.
Sie nutzt die Gunst der Stunde
und führt mit ihm ein vertrauliches
Gespräch.
Im Winter
Morning has broken ...
Es wird ungemütlich.
Onkel Willi kann nicht mehr für sich
selbst sorgen - zumindest nicht
finanziell. Er bekommt jetzt Geld
vom Sozialamt.
Der Tag heute wird sehr an seinen
Kräften zehren. Doch Onkel Willi
weiß noch nichts davon.
Draußen wird es ungemütlich
heftige Schneefälle angekündigt.
Ausgerechnet heute gehen
die Briketts zur Neige.
Onkel Willi muss in die Stadt.
Der Künstler tritt ab
Der letzte Auftritt
Onkel Willi in die Rolle seines Lebens: Der Stadtmusikant von Münster gibt heute sein Abschiedskonzert. Er hat schlecht geschlafen
und Bauchweh. Kein gutes Zeichen.
Das große Finale
Menschen sind gekommen, um
Onkel Willi zu verabschieden.
Ein letztes Mal bekommt er das,
was ihn 40 Jahre lang antrieb.
Moment-Aufnahmen
vor Rührung und vor Erschöpfung.
Ein paar Musiker-Kollegen sind
gekommen und bringen ihm ein
Ständchen. Der Oberbürgermeister
umarmt ihn wie einen alten Freund.
Es ist rührend.
Das Leben als Rentner
Der Unruhestand
"Stillstand ist der Tod", sagt Onkel Willi.
Also muss er sich bewegen. Er weiß nur
noch nicht, wohin. Er ist jetzt Rentner
und bekommt Geld vom Sozialamt. Er
muss nichts mehr tun für sein Geld.
Er würde aber gerne.
Familie
Geschwister
jünger als ihr Bruder. Früher hat er sich um
sie gekümmert, heute ist es umgekehrt. Alle
14 Tage, immer wieder Sonntags, kommt
sie zum Kaffee.
Kein Kommentar
ist für sie kein Thema. "Ich würde das auch nie kommentieren - schon gar nicht vor der Kamera."
Sie redet mit ihm - nicht über ihn. Da ist sie sehr konsequent - typisch Reinhardt.
"Filmen ok, aber bitte kein Interview!"
Ist akzeptiert.
Ein Song entsteht
Zugabe!
Aber: Natürlich ist Onkel Willi noch immer
Musiker. Er hat eine Idee. Er möchte einen
Song schreiben - zum ersten Mal in seinem
Leben. Da gibt es eine Zeile, die trägt er seit Jahrzehnten mit sich herum:
"I want to live, till the day that I die."
Klingt gut.
Der Galgenbaum
Wenn es diesen Baum nicht gäbe, wäre
Onkel Willi kein Songwriter geworden.
Der Baum steht im Garten seines Nachbarn.
Immer wenn Onkel Willi dieses erbärmliche
Gebilde betrachtet, kommt er ins Grübeln ...
Im Studio
Steffi und das Studio
bei seinem Song-Projekt unterstützen würde.
Steffi sagt: "Klar, Mann!" Er hat das Studio.
Onkel Willi hat den Song. Aufnahme? Läuft!
Die neue Welt
Mikros, Kabel und Computer -
mit so was hat sich Onkel Willi nie
belastet. Wer so analog ist wie er,
erlebt in einem Studio sein digitales Wunder.
Die Stimmung ...
Dissonanzen? Keine.
Steffi trifft genau den Ton,
der bei Onkel Willi ankommt.
Der Produzent ist gespannt,
der Künstler ist dankbar.
Die Lied-Vocals
Onkel Willi hat nach und nach die
Instrumente eingespielt - Gitarre,
Mandoline, Mundharmonika. Die
Bass-Spur kommt von Steffi
höchstpersönlich. Fehlt nur noch
ein charismatischer Sänger ...
Till the day ... ... that I die
mag vor allem Strophe drei:
Don`t care about money, that`s not my way.
Just want to live from day to day.
See the nature! I love the birds.
Artificial life - it only hurts.
See the rainbow, touch the sky,
I want to live, till the day that I die.
Ein Trauerfall
Katerchen ist tot
in der Nacht. Es war ein qualvoller Tod.
Katerchen hatte Schmerzen und Krämpfe.
Onkel Willi war bei ihm und konnte
nichts für ihn tun.
Trauerarbeit
Es wird Zeit. Zwei Tage sind vergangen.
Am Morgen hat er begonnen, das
Grab auszuheben. Jeder Spatenstich
ist eine Qual.
Onkel Willi ist schockiert:
Plötzlich hat er mit dem Tod zu tun.
Auch das beschäftigt ihn sehr.
Was bleibt?
verwelken. Das weiß auch Onkel Willi:
"Das ist der Kreislauf des Lebens:
Werden und Vergehen."
Von seinem alten Kumpel Katerchen
bleibt nur die Erinnerung - und
neuerdings ein Foto.
Dunkle Tage
Mann im HerbstSechs Monate nach Katerchens Tod
Und als wäre das alles nicht schon schlimm
genug, mäht der Nachbar noch den Rasen.
Alle Jahre wieder ...
Letztes Jahr zu gleichen Zeit hatte er noch
einen Job und einen Kater. Und jetzt?
"Jetzt bin ich wie so'n altes Blatt und
gammel vor mich hin..."
Hiltrup calling!
Wunder: Onkel Willi lächelt beseelt und
freut sich auf die Zukunft.
Was für eine Nachricht: Es geht zurück
ins Rampenlicht! Onkel Willi wird
unsterblich!
Olli Schmidt macht's möglich.
Karneval
Zum AnfangDie Kehrseite
Einerseits ist es schön, dass die
Münsteraner ihren Musikanten nicht
vergessen haben.
Andererseits muss Onkel Willi den
Münsteranern jetzt was bieten.
Und das ist das Problem:
Er ist heute nicht in Form.
Es wird ernst!
Mundharmonika muss sein. Wenn schon, denn schon. In der Tat: Er ist ein Narr.
Das letzte Kapitel
Coda
Nicht das Ende, aber es geht in die Richtung.
Hier ist die Coda die letzte gemeinsame
Dreharbeit. Onkel Willi will nicht mehr.
Er sagt: "Die Luft ist raus" und hustet sich
die Lunge aus dem Leib.
Tief im Innern wühlt ihn etwas auf.
Willi oder Klaus?
Reinhardt ist der Mensch dahinter.
Wer auch immer er ist:
Beide sind ihm einer zuviel.
O Herr!Die Sache mit Gott
am Zylinder. Klaus Reinhardt
ist da anders.
Die Wege des Herrn
neuerdings auch immer mal wieder in die
Apostelkirche.
Meistens und am liebsten ist er hier allein
- vom Hausherrn einmal abgesehen.
Passion und Leidenschaft
Kirchenmusik - das ist Klaus Reinhardt.
Die Kirchenorgel ist seine große Leidenschaft.
Wir hören die Matthäuspassion.
Der Schluss-Akkord
Reinhardt ist irgendwie auferstanden.
Das ist das Ende vom Ausklang.
"Kein Brimborium zum Abschied!",
hat er noch gesagt.
Sein Wille geschehe.