Was uns zu Weihnachten Besinnlichkeit schenkt
Was bereitet Glücksgefühle in der Weihnachtszeit? Manche sagen: Zeit füreinander haben, Traditionen pflegen, Musik erleben. Fünf Glücksmomente, die zeigen, wie man anderen und sich selbst die Weihnachtszeit "versüßen" kann.
von Hannah Lesch und Marspet Movsisyan
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Diese Menschen zeigen hier ihre Glücksmomente:
⭐ Petra - Geschenke-Retterin von der Krefelder Tafel
⭐ Axel - Winterwunderland im Kleinen
Petra - Geschenke-Retterin von der Krefelder Tafel
Ich find’s immer schön, wenn Kinder dabei sind. Die kriegen dann einen Lutscher, die freuen sich dann immer tierisch, das ist immer schön.
Petra ist 54, Rentnerin - und nebenbei eine richtige Heldin. Sie hilft ehrenamtlich mehrmals die Woche bei der Krefelder Tafel. Normalerweise bei der Lebensmittelausgabe, aber gerade kümmert sie sich um ein ganz besonderes Projekt: die Weihnachtswunsch-Stern-Aktion. Krefelderinnen und Krefelder konnten Kindern von bedürftigen Familien anonym einen Weihnachtswunsch erfüllen und ein Geschenk kaufen. Das haben fast 1.000 Menschen gemacht. Seit zehn Jahren gibt es diese Aktion.
Für die Familien, die hierher kommen, ist das eine tolle Sache. Ein Geschenk übergibt Petra an Justin.
Justin und Oma Marianne freuen sich über das Geschenk.
Der Elfjährige hatte auf seinen Wunschzettel einen Lego-Traktor geschrieben. Er schüttelt das Geschenk. Und ja, es klingt ganz danach. Ein großes Lächeln breitet sich auf seinem Gesicht aus. Weihnachten ist eine besondere Zeit für ihn: "Ich mag das, wenn ich mit meinen Eltern zusammen feiere - weil ich die Bäume schmücken kann."
Auch für seine Oma Marianne, mit der er heute hier ist, bedeutet Weihnachten Zusammenkommen: "Mit der Familie beisammen sein, sehen wie sich alle freuen. Die Augen leuchten so schön."
Petra hat den Überblick, damit hier alles mit den Geschenken rund läuft und jedes Kind auch sein Geschenk bekommt. Viel Arbeit, bis zu sechs Stunden am Tag ist sie hier. Aber diese Zeit beschert Petra viele Glücksmomente:
Ich finde das mega schön, ich gehe auch mit einem guten Gefühl nach Hause.
Gerade jetzt zur Weihnachtszeit ist viel los. Und dieses Jahr kommen nochmal viel mehr Menschen zur Tafel als die Jahre zuvor. Besonders viele Ukrainerinnen und Ukrainer sind dabei. Petras ganz persönlichen Weihnachtswunsch erzählt sie selbst:
Axel - Winterwunderland im Kleinen
Wenn Kinder kommen und sich das angucken, da geht mir das Herz auf.
Wo im Sommer ein Swimmingpool steht, steht jetzt eine zweieinhalb mal drei Meter große Modelleisenbahn. Die hat der Duisburger Axel Köhni (64) in seinem Garten aufgebaut. Um rechtzeitig vor Weihnachten fertig zu werden, hat er schon im Sommer damit angefangen. "Mich fasziniert das Basteln, dran arbeiten, gestalten. Dass die Züge fahren ist nebensächlich. Gestalten ist das, was mich so fasziniert."
Seinem Hobby geht er schon seit mehr als 30 Jahren nach. Damals noch im Eisenbahnverein. Zwischenzeitlich hatte er aber seine ganzen Eisenbahnen in Kartons verstaut. Die Geburt seines Enkels Lenny vor drei Jahren entfacht wieder die Begeisterung fürs Basteln. Seitdem bastelt er wieder jedes Jahr an der "Eisenbahn Winterwelt". Damit erfüllt er seinem Enkel und sich selbst einen großen Traum. Kein Wunder, dass Enkel Lenny ihn immer nur "Opa Tut Tut" nennt.
Modellbauer Axel Köhni mit Ehefrau Petra
Die Erwartungen wachsen jedes Jahr, noch einen drauf zu setzen. Paar Quadratmeter haben wir ja noch. Die großen Ideen kommen von ihm, das Filigrane mache ich dann.
Ehefrau Petra Köhni unterstützt ihren Mann, wo sie nur kann. Und auch die restliche Familie steht komplett hinter ihm und ist ein großer Fan seines Hobbys. "Wenn meine Kinder unterwegs sind, rufen die an: 'Hey Papa, hier ist wieder was, kannst du das gebrauchen? Vielleicht passt das auf deine Eisenbahn.' Dann fahre ich dahin, mal gucken. So habe ich auch das Riesenrad bekommen."
Auch deswegen ist es ihm immer wichtig, dass seine Familie ein großer Teil seines Hobbys ist: Er hat einige als kleine Figuren in der Eisenbahnwelt untergebracht: Kinder, Schwiegersöhne, Tochter mit Enkelkind. "Es passt, die gehören dazu."
Auch aus der Nachbarschaft kommen viele zum Gucken vorbei - das motiviert:
In wenigen Wochen wird hier im Garten alles abgebaut - und schon im Spätsommer geht der Aufbau dann wieder los. Damit Enkel Lenny und die Nachbarn wieder was zum Staunen haben.
Alix - Weihnachtsbaum-Tradition mit Papa
Ich merke abends nach so einem Arbeitstag, dass ich auch viel gelacht und gelächelt habe. Es gibt eigentlich nichts Schöneres. Das ist eine der schönsten Bezahlungen von den Kunden, wenn man die glücklich und lächeln sieht.
Alix von Dörnberg ist jedes Jahr zur Weihnachtszeit hier auf dem Familienhof in Düsseldorf-Garath und hilft ihrem Vater überall, wo es geht. Sie verkaufen Weihnachtsbäume, die die Besucherinnen und Besucher auch selbst schlagen können. Das ist für viele, jung und alt, immer ein schöner Moment: "Einige Stammkunden kommen schon seit 30 Jahren. Man hat schon viele Kinder groß werden sehen. Es geht um das Erlebnis, das selber zu machen."
Alix macht hier die "Revieraufsicht". Sie passt auf, dass alles läuft, die Menschen ihren Wunschbaum mit nach Hause nehmen können und einfach eine gute Zeit haben. Aber es klappt alles nur so gut, weil alle mit anpacken. Die ganze Familie, aber auch viele Freuden sind immer dabei und helfen, wo sie können. Mit diesem Familienbetrieb ist sie groß geworden und der Baumverkauf bereitet ihr jedes Jahr viele Glücksmomente:
Vater Dankwart freut sich, dass er die ganze Unterstützung der Familie hat. Teamwork ist das große Stichwort. Nur deswegen klappt das jedes Jahr so gut.
Wir haben alle viel Arbeit. Ich sehe sie, aber ich mache sie gerne. Das ist das ganze Entscheidende. Es muss Spaß machen, dann läuft das.
Normalerweise ist Vater von Dörnberg der Chef. Er lässt sich aber auch gerne von guten Vorschlägen überzeugen. Zum Beispiel von der Idee, dieses Jahr einen zusätzlichen Weihnachtsmarkt auf dem Hof aufzubauen. In den Buden gibt es warmen Glühwein, handgeschnitzte Sachen und selbstgejagtes Wildfleisch. Der Markt läuft gut. "Ja, ich will Bäume und Wild verkaufen. Aber ich merke, der Markt bringt Atmosphäre. Man muss lernfähig sein."
Tochter Alix muss grinsen. Sie freut sich, diese Zustimmung zu bekommen. Gemeinsam stimmen sie sich mit Glühwein auf besinnliche Tage ein, denn über Weihnachten sind ihnen zwei Dinge besonders wichtig:
Besinnlichkeit, was man für Herausforderungen bewältigt hat und Dankbarkeit. Für das, was man hat.
Lenny - Helfer auf dem Eis
Die Leute sind oft sehr, sehr dankbar. Besonders wenn man einem Kind hilft, Schlittschuh zu fahren. Dann ist das auf jeden Fall immer sehr schön. Die Eltern sind immer wahnsinnig dankbar und es ist immer schön. Macht Spaß.
Lenny Nöring (23) ist seit November Eislotse auf der Schlittschuhbahn am Kölner Heumarkt. Heißt: Er passt auf, dass alles gut läuft, hilft Kindern und Erwachsenen bei Problemen oder bringt ihnen auch Schlittschuhlaufen bei. Bis zu fünf Tage in der Woche arbeitet er hier, meistens für sechs Stunden. Die Kälte macht ihm nichts: "Hier ist eine gute Atmosphäre. Macht immer Spaß hier zu arbeiten. Die Musik läuft und die Leute sind immer freiwillig hier."
Schlittschuhlaufen ist schon sehr lange Teil seines Lebens: In der Grundschule war er jede Woche auf dem Eis. Das Eislaufen, besonders wenn er den Kindern was beibringen kann, gibt ihm viel.
Lenny freut sich auch über die netten Kollegen und Kolleginnen mit denen er zusammenarbeitet. Das macht er alles neben seiner Uni. Vormittags ist er im Praxissemester seines Lehramtsstudiums, nachmittags bis abends arbeitet er hier. Weihnachten bedeutet für Lenny Entspannung und Besinnlichkeit: "Zeit mit der Familie, bisschen zur Ruhe zu kommen, aus dem stressigen Alltag entkommen."
Auf einen Glücksmoment kann er sich jedes Jahr zur Weihnachtszeit verlassen:
Meine Familie feiert immer auf dem Bauernhof, auf dem meine Mutter aufgewachsen ist. Da kommen wir immer alle hin, das ist für mich totale Auszeit.
Lizzy - Singen mit Herz
Wenn alle ihre Augen von ihren Noten erheben, auswendig, aus vollem Herzen und mit Freude singen. Das sind meine Glücksmomente.
Die letzten Choreografien werden geprobt, die Stimmbänder trainiert, Gitarren eingestimmt, sich gegenseitig viel Spaß gewünscht: die Generalprobe des "Sportissimo"-Chors der Deutschen Sporthochschule Köln neigt sich dem Ende zu. In wenigen Minuten findet der große Auftritt in Hörsaal eins statt, mit viel Publikum.
"Lizzy" wird Chorleiterin Elizabeth von ihren Sängerinnen und Sängern genannt.
Chorleiterin Elizabeth Schlüssel freut sich drauf: "Ich hoffe, dass die jungen Leute Erfolgserlebnisse haben und merken, dass harte Arbeit sich lohnt. Und dass vor allem die Zuschauer, Freunde, Verwandte, die hier sind, richtig Spaß haben und erleben, wie schön es ist, gemeinsam zu singen."
Den Chor hat sie vor 15 Jahren gegründet. Mittlerweile gibt es mehr als 80 Mitglieder. Das macht sie stolz, dass so viele junge Leute regelmäßig zur Probe kommen.
Singen bedeutet für mich Abschalten, wirklich pure Freude erleben. Gemeinschaft auch. Ich bekomme ein Lächeln, wenn ich diese kräftigen Jungs sehe, wie sie mit Freude ihre Choreo einbauen.
Anna kann beim Singen kurz ihre großen Sorgen vergessen.
Vor allem für die Ukrainerin Anna (25) ist dieser Abend etwas ganz besonderes. Sie ist mit Kriegsbeginn nach Deutschland geflohen, ihre Familie und Freunde sind noch dort. Sie singt schon ihr gesamtes Leben. In ihrer Heimat war sie auch im Chor.
"Jedes Mal, wenn ich zu diesem Chor komme, bin ich immer wieder erstaunt darüber, dass Menschen trotzdem noch lächeln können und sich über Kleinigkeiten freuen. Ich denke, dieser Chor bringt mich zurück ins Leben. Und erinnert mich daran, dass es okay ist, sich Sorgen über kleine Dinge zu machen. Keine großen Dinge, wie ob meine Eltern überleben werden, oder mein Freund an der Front. Kleine Dinge, wie heute zum Beispiel: Etwas aufgeregt zu sein vor dem Konzert oder weil ich erkältet bin und nicht weiß, ob meine Stimme das heute gut durchstehen wird."
Kurz vor dem Konzert hat Chorleiterin Elizabeth einen Weihnachtswunsch:
Ich hoffe, dass sie uns um eine Zugabe bitten. Das ist immer toll, wenn das Publikum mehr will.
Der Saal füllt sich. Freunde, Verwandte, Interessierte stürmen rein, um dem Konzert zu lauschen. Das Licht geht aus, die Scheinwerfer werden auf den Chor gerichtet. Elizabeth gibt ein Zeichen und es geht los. Der Chor singt ein Weihnachtslied nach dem anderen, tanzt, springt durchs Publikum, hat eine gute Zeit. Auch ein Lied auf Ukrainisch singen sie alle gemeinsam. Anna ist sehr berührt davon, dass die anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer das Lied gelernt haben und bedankt sich beim Chor. Es ist ein Benefizkonzert. Die Spenden gehen unter anderem in die Ukraine.
Nach gut einer Stunde ist das Konzert vorbei. Das Publikum springt auf, klatscht und verlangt einstimmig nach einer Zugabe. Vom gesamten Chor bekommt "Lizzy", wie die Chorleiterin von ihren Schülerinnen und Schülern genannt wird, Blumen und dankende Worte:
Lizzy, was du alles mit uns auf die Beine stellst, ist beeindruckend. Und ich glaube, wir können stolz sagen: Wir sind nicht nur der sportlichste Chor in Köln, sondern auch der mit der weltbesten Chorleiterin.