90. Geburtstag eines ReportersGerd Ruge
Wo er ist, überschlagen sich die Ereignisse: USA, China, Vietnam und immer wieder Russland. Die längste Zeit seines Lebens ist Gerd Ruge als Reporter unterwegs. Zuletzt vor wenigen Jahren noch auf dem Colorado-River.
Sommer am Colorado (2007, ARD)
"Ich bin teils Ballast, teils erschreckter Tourist in den Stromschnellen des Colorado-Flusses."
Sommer am Colorado
Einstieg ins Reporterleben
Mit 20 Jahren beginnt Gerd Ruge seine Karriere beim damaligen NWDR in Hamburg. Von Anfang an macht er Reportagen für Radio und Fernsehen. Sein Chef, Werner Höfer, schickt ihn auch ins Ausland. So wird er der erste deutsche Journalist im ehemaligen Jugoslawien.
1955 reist er mit Kanzler Adenauer nach Moskau. Dort bleibt er vier Jahre als erster ständiger Korrespondent der ARD. Danach erfindet er die Fernsehsendung "Weltspiegel" und geht wieder ins Ausland.
Ankunft von Bundeskanzler Adenauer in Moskau (1955, WDR Radio)
"Sie wunderten sich über den schnellen Flug und meinten, die Maschine habe auch Rückenwind gehabt."
Erste Station Moskau
Erste Ausgabe der Sendung "Weltspiegel" (1963, ARD)
"An dieser Stelle werden in Zukunft regelmäßig unsere Auslandskorrespondenten berichten."
Erster Weltspiegel
Wechsel in den Westen
Das Kontrastprogramm zur Sowjetunion: 1964 wird Gerd Ruge USA-Korrespondent. Er kommt in ein Amerika, das sich gerade wandelt und wird dort Zeitzeuge von Ereignissen, die Geschichte schreiben.
Reportage von Gerd Ruge aus Saigon (1968)
"Immer wieder schießen sie ihre Raketen hinein in ein Gräberfeld." 1968 greift der Vietcong die Hauptstadt Südvietnams, Saigon, an und stürmen unter anderem die Amerikanische Botschaft. Ruge berichtet vom Gegenangriff der US-Armee.
Angriff auf Saigon
Mord am schwarzen Bürgerrechtler Martin Luther King (1968, Weltspiegel)
"Und dann fiel ein Schuss, drüben aus einem halb verfallenem Gebäude."
Ermordung Martin Luther Kings
Kultrevolutionen
Was Gerd Ruge in den USA erlebt, bezeichnet er später als eine Art Kulturrevolution. Er ist mit seinem Kamerateam viel unterwegs und berichtet unter anderem von den Rassenkonflikten. Seinen Zuschauern zeigt er die alltäglichen Auswirkungen des Rassismus. Und er begleitet
Robert Kennedy, den demokratischen Hoffnungsträger nach Los Angeles zu den Vorwahlen. Dort wird auf Kennedy geschossen.
Ermordung von Robert Kennedy (ARD-Sondersendung)
"Sie mögen mir verzeihen, wenn ich das alles nicht sehr geschliffen schildern kann." Gerd Ruge, der Kennedy privat kennt, trifft Minuten nach dem Mord am Tatort ein.
Schüsse auf Robert Kennedy
Und dann Bonn
1970 kehrt Ruge nach Deutschland zurück. Er übernimmt die Leitung des Hauptstadtstudios in Bonn. Auch hier kommt er genau in dem Moment, in dem sich in der bundesdeutschen Politik ein erster Wandel vollzieht. Sein Blick richtet sich auf die Reform- und Ostpolitik der Regierung Brandt.
Vorgezogene Bundestagswahl 1972 (ARD-Sondersendung)
"Hier in Bonn ist noch nirgends die Euphorie ausgebrochen." Die Wahl war notwendig geworden, nachdem die Regierung Brandt ihre Mehrheit verloren hatte. Überraschenderweise ging die SPD trotzdem gestärkt aus dieser Wahl hervor.
Bundestagswahl 1972
Wieder in die Welt
Es wird eine kurze Episode in Bonn. Kontroversen um den Bericht aus Bonn veranlassen ihn, 1972 als Korrespondent für die Zeitung "Die Welt" nach China zu gehen. Dort erlebt er die letzten Jahre Maos und genießt es, sich Zeit für seine Berichte und Reportagen nehmen zu können.
Mehr als Journalismus
Für ein paar Jahre verschwindet Gerd Ruge für seine Zuschauer. Als Gastdozent arbeitet er an der Harvard University. Zuvor hat er bereits die deutsche Abteilung von amnesty international gegründet.
1987 zieht es ihn zurück nach Moskau. Und wieder ist er zur richtigen Zeit am richtigen Ort, denn dort kann er über Glasnost und Perestroika berichten. Und 1991 über den Versuch einiger Militärs, das Rad der Geschichte noch einmal zurückzudrehen.
Putsch in Moskau (1991, ARD)
"Eben knallte es - da sind wir alle ans Fenster gerannt, aber es war nur ein Auspuff." Gerd Ruge berichtet live, wie der Militärputsch vom russischen Volk nieder gerungen wird.
Putsch in Moskau
Als Rentner versagt
"Als Rentner habe ich wohl versagt", sagt Gerd Ruge über seine Zeit im Ruhestand. Für die Zuschauer ist das ein großer Gewinn. Millionen sehen seine Reisereportagen, die in der ARD immer zwischen Weihnachten und Neujahr gesendet werden.
Mit "Ruge unterwegs" geht es unter anderem nach Sibirien, Georgien, auf den Balkan und in das südliche Afrika.
Zuletzt dann noch einmal in die USA. Mit knapp 80 Jahren rudert Ruge 2007 über den Colorado.
Sommer am Colorado (2007, ARD)
"Und dann machen wir uns auf den Weg durch ein immer neues Amerika."
Unterwegs mit Gerd Ruge
Mehr zum 90. von Gerd Ruge
Die lange Gerd Ruge Nacht
Der WDR zeigt seine herausragenden Reportagen aus der ganzen Welt. Dort begegnete er Staatsmännern und ganz einfachen Menschen.
Gerd Ruge wird 90
1956 ging der gebürtige Hamburger als erster ständiger Korrespondent für die ARD nach Moskau, wo er 1993 mit 65 seine WDR-Laufbahn als Studioleiter beendete.