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75 Jahre Derix Kaiserswerth

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Ob Heinz Mack oder Georg Meistermann: Bei Derix in Düsseldorf-Kaiserswerth haben die ganz Großen ihre Fenster, Skulpturen und Mosaike fertigen lassen. Aus Glas, Blei und Licht entstanden hier in 75 Jahren Kunstwerke von Weltrang.

Ein Rundgang durch eine leuchtend bunte, funkelnde Welt, die gefährdet ist.
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Die Werkstatt

"Das Klirren von Glasresten und der Geruch von Lötzinn und Kitt gehören zu den prägenden Erinnerungen meiner Kindheit", sagt Elisabeth Derix, die das Familienunternehmen in der vierten Generation leitet. Damals grenzte die Verbleierabteilung direkt an ihr Kinderzimmer.

Inzwischen sind einige Jahre vergangen, aber Glas ist die große Leidenschaft von Elisabeth Derix geblieben. Und tatsächlich funkelt es in dem Bauhaus-Bau in allen  Farbfacetten von Rot und Blau und Gelb und Grün.


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"Ein sehr wertvoller Stoff"

Warum Elisabeth Derix immer noch jeden Tag gern zur Arbeit kommt.

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In ihrer Werkstatt arbeitet Elisabeth Derix fast ausschließlich mit Echtantikglas. Im Unterschied zu Industrieglas ist es mundgeblasen und wird in Deutschland nur noch von einer einzigen Glashütte im bayerischen Waldsassen hergestellt.

Echtantikglas gibt es in allen nur erdenklichen Farben, transparent und opal, mit Blasen, Schlieren, unterschiedlichen Farbverläufen und aus verschiedenfarbigen Schichten. Diese Artenvielfalt ist einmalig.  

Vor den Werkstatt-Fenstern gibt es eine unglaubliche Menge an Mustern.
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Sind Gläser und Farben ausgesucht, kommt Henrik Hötling. Der Kunstglaser schneidet die Schablonen und die Scheiben, verkittet und verbleit.

"Aber eigentlich machen wir hier alle alles", sagt Hötling. Gerade hat er ein Fenster mit Schiffsmotiv aus den 60er Jahren auf dem Tisch, das ein Kunde zum Restaurieren vorbeigebracht hat. 

Auch das Gestänge soll abmontiert und die absplitternde Rahmenfarbe entfernt werden.
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Am Nachbartisch hat Glasmalermeister Fabian Schmid-Heinisch ein Familienwappen neu verbleit und halb in einen Rahmen eingefasst.

Nebenbei betreibt Schmid-Heinisch eine eigene Rahmenhandlung. Vor allem aber ist er selbst Glaskünstler, was ihm beim Umgang mit Kollegen und der Umsetzung ihrer Entwürfe sehr zugute kommt.

Zuletzt hat er eine riesige Glas-Collage nach dem Aquarell einer Berliner Künstlerin komplett eigenständig umgesetzt.
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Vier Schritte zum guten Glasbild

Elisabeth Derix erklärt die Schritte am Beispiel der Fenster Paul Corazollas für die Berliner Aquinata-Ordensschwestern aus den 70er Jahren.

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Bei Glaskunst verwischen die Grenzen zwischen Künstler und Handwerker offenbar ohnehin. Derix Kaiserswerth ist hierfür ein leuchtendes Beispiel.

Wie frei die Entwürfe umgesetzt werden können, ist allerdings von Künstler zu Künstler unterschiedlich. Georg Meistermann zum Beispiel sei es vor allem auf den Fluss seiner Formen und Farben gegangen, sagt Derix. "Andere Künstler waren auf die exakte Umsetzung jedes Details bedacht."

Diese Einstellung des Künstlers zu erspüren, ist die erste Herausforderung.
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"Wichtig ist, dass die Chemie stimmt"

Elisabeth Derix erklärt, wie ein gutes Glaskunstwerk entsteht.

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Momentan hat Elisabeth Derix noch vier Mitarbeiter. Um diese zu beschäftigen, setzt sie neben großer Kunst auch auf eher schlichte, auf Industrieglas gedruckte Motive. Und auf Privatleute, die die unglaubliche Vielfalt des mundgeblasenen Echtantikglases zu schätzen wissen.

Auf dem Leuchttisch in der Malabteilung liegt auch eine Kabinettscheibe für Fans von Fortuna Düsseldorf. Die habe sie vor einiger Zeit mit ins Stadion genommen, sagt Derix. Die Idee habe begeistert.
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Die Künstler

Dass die Chemie zwischen den Handwerkern der Glasmalwerkstatt Derix und den Künstlern stimmt, merkt man, wenn einer zu Besuch kommt.

Hier ist es der international renommierte Italiener Renato Santarossa, der gerade in Düsseldorf eine Ausstellung hat. Und Skulpturen schafft, die sich je nach Blickwinkel und Lichteinfall verändern.

Ursprünglich war Santarossa Bauingenieur. Sein  Erweckungserlebnis als Künstler hatte er 1969 bei Derix.
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"Wie Derix mich zum Glaskünstler machte"

Renato Santarossas Erweckungserlebnis in Kaiserswerth.

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Für die Glaskunst hat Derix auch dem Maler und Zeichner André Thomkins die Augen geöffnet. Er gehörte zur "Schweizer Gruppe" um Daniel Spoerri und Dieter Roth und lehrte ab 1971 an der Kunstakademie Düsseldorf.

Hier erstrahlt Thomkins' Musterfenster für eine  Förderschule in Köln-Mülheim im Sonnenlicht. Den Auftrag organisierte Elisabeth Derix' damaliger Ehemann und Mitarbeiter Carlo Schröter Mitte der 60er Jahre.
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"Mein Mann hat Thomkins zum Glas geführt"

Elisabeth Derix über die André-Thomkins-Schule in Köln-Mülheim.

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In der Werkstatt gern gesehen war auch Maria Katzgrau aus Aachen, genannt "die Katz"  (im dunklen Mantel). Als eine der wenigen Frauen gelang es ihr, sich in den 50er Jahren in der Glasmalwelt durchzusetzten – dank einer sehr starken und warmherzigen Persönlichkeit.  

Für die "Schöpfungsgeschichte" der Kapelle im St. Franziskus-Hospital in Köln-Ehrenfeld arbeitete Katzgrau 1959 mit milchigem Opal- und Überfangglas, das aus mehreren Farbschichten besteht. Figuren und Abstraktionen wurden durch Ätzung, Lasur oder Kratzer nochmal verändert.  
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Starke Frau mit Öcher Platt

Wie Maria Katzgrau die Derix-Mitarbeiter für sich gewann. (Im Hintergrund: Georg Meistermanns Entwurf für das  WDR Funkhaus in Köln.)

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Und dann war da noch Heinz Mack. Sein erstes Bleiglasbild, heute im Museum Abteiberg in Mönchengladbach, ließ der Zero-Künstler in den 50er Jahren bei Derix fertigen. Schon als Student der Düsseldorfer Kunstakademie kam er vorbei, um farbige Steine für Mosaike abzuholen.

Im Sommer 1985 saß Mack in der Werkstatt auf einem riesigen Karton, auf dem Felder für jedes Mosaik-Steinchen eingezeichnet waren. Das fertige Werk hängt heute über dem Eingang der Düsseldorfer Kö-Galerie.

Die übrig gebliebenen Steine, rechts im Bild, lagern immer noch in den Originalkartons im Regal. Falls nochmal etwas ausgebessert werden muss.
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Über die große Zeit der Glasmalwerkstatt in Kaiserswerth hat Elisabeth Derix gemeinsam mit Dagmar Täube zum Jubiläum ein faszinierendes Buch geschrieben. Mit Erinnerungen und vielen Beispielen für Werke von Weltrang.

Täube leitete 13 Jahre lang stellvertretend und kommissarisch das Kölner Museum Schnütgen. Fachgebiet: Tafel- und Glasmalerei. Ihrer Meinung nach war Derix Kaiserswerth einst so etwas wie der Nabel der Glasmalkunst.

Warum?
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Von Kaiserswerth in alle Welt

Dagmar Täube erklärt, warum Derix Kunstgeschichte schrieb.

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Die Firmen-Geschichte(n)

Derix Kaiserswerth ist ein Haus stolzer Erinnerungen. Überall leuchten die Mustergläser der  Künstler an den Fenstern, meterhohe Kartonvorlagen stehen und hängen an der Wand. Ebenso wie Zeugnisse der ruhmreichen Firmengeschichte.

Dieses Porträt zeigt Elisabeth Derix' Urgroßvater Wilhelm, der eine erste Werkstatt vor 150 Jahren in Goch am Niederrhein gründete und mit Fenstern für den Dom von Xanten den Durchbruch hatte. Es begrüßt Besucher normalerweise im Treppenhaus.

Elisabeth Derix blättert im Familienalbum:
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1910: Fenster für Michelangelo

Elisabeth Derix erzählt, wie zwei Derix-Generationen Papst Pius X. entzückten.

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1941: Familie und Handwerk unter einem Dach

Im großen Saal sitzen Zuscheider, Glasmaler und Mosaiksetzer.

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1946: Als Kind in der Dombauhütte

Die Wirtschaftswunderjahre beginnen für die Firma schon früher, zum Beispiel in Köln.

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1954: Glasbau für Glaskunst

"Meinen Crystal Palace" nennt Elisabeth Derix ihr Bauhaus-Domizil liebevoll.

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1955: Meistermanns Zuschneider und ein Top-Verbleier

Eine gute Zeit, denn alte und neue Kirchen brauchen Fenster.

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Nach dem Tod von Vater Wilhelm Derix übernahm dessen Frau Elsbeth (rechts) 1946 das Geschäft. 50 Jahre später ging es an Elisabeth Derix über. Auf dem Foto von 1982 ist sie von zwei dunkel gekleideten Kundinnen umrahmt.

Die Kundinnen kommen von der Baufirma der großen Moschee im saudi-arabischen Vorzeigeflughafen King Khalid, für die der britische Künstler Brian Clarke mit Derix sechs gewaltige Fenster aus Echtantik- und Überfangglas schuf.
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Um die christliche Glaskunst steht es momentan nicht gut. Immer mehr Gotteshäuser werden geschlossen, das Schicksal ihrer Fenster ist ungewiss. Und auch für öffentliche Gebäude fehlt das Geld.

Vielleicht liegt die Zukunft ja im Privaten? Die Kunsthistorikerin Dagmar Täube jedenfalls hofft auf Bauherren, "die die Möglichkeiten der Glaskunst gerade in weltlichen Gebäuden erkennen".

Und Elisabeth Derix wünscht sich, dass sich wieder mehr junge Künstler "diesem Material zuwenden, das die Kreativität so fördert".
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