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WDR

Autor: Jörn Seidel

Grafik: Chantal Dübel

Redaktion: Philipp Blanke, Raimund Groß & Till Hafermann

Medien
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Als Corona uns in die Krise stürzte

Eine Chronik der ersten Pandemie-Monate

von Jörn Seidel | veröffentlicht: 11.3.2025

Am 11. März 2020 rief die Weltgesundheitsorganisation Covid-19 zur Pandemie aus. Da beklagte Nordrhein-Westfalen bereits die ersten Corona-Toten. Wenige Tage später verhängten Bund und Länder massive Einschränkungen für unseren Alltag. Der erste sogenannte Lockdown begann - ein Leben, das sich kaum jemand vorstellen konnte.

Wie fühlte sich das damals an? Eine Intensivmedizinerin aus Bonn, ein Gastronom aus Düsseldorf und eine Mutter von vier Kindern in Paderborn berichten. Eine Chronik der ersten Wochen der Corona-Krise in NRW.

Übersicht

Dezember 2019 bis Februar 2020

Foto: In einem Behelfskrankenhaus im chinesischen Wuhan sind zahlreiche Menschen, die mit dem Coronavirus infiziert sind.

Donnerstag, 12. Dezember 2019

Dienstag, 31. Dezember 2019

  • Chinesische Behörden melden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Häufung von Lungenentzündungen in Wuhan mit unbekanntem Erreger.
  • Die Behörden sehen eine Verbindung zu einem Großhandelsmarkt mit Tieren. Tags darauf wird er geschlossen.

Montag, 6. Januar 2020

  • Die mysteriösen Erkrankungen in Wuhan tauchen erstmals in deutschen Medien auf - zunächst noch sehr vereinzelt, zum Beispiel bei tagesschau.de.

Dienstag, 7. Januar 2020

  • Chinesische Fachleute identifizieren den Erreger: Es handelt sich um einen neuer Typ des Coronavirus. Woher das Virus kommt, ist weiter unklar. Auch wie es sich überträgt: Womöglich nur von Tier auf Mensch?

Montag, 13. Januar 2020

  • Erstmals wird der Erreger außerhalb von China festgestellt. Eine Frau in Thailand ist infiziert. Sie soll zuvor in Wuhan gewesen sein.
  • Fortan melden immer mehr Länder auf der Welt Krankheitsfälle.

Donnerstag, 23. Januar 2020

  • China reagiert mit drastischen Maßnahmen: Die Millionenstadt Wuhan und weitere Großstädte werden abgeriegelt. Mittlerweile gehen die Behörden davon aus, dass sich das Virus von Mensch zu Mensch überträgt.

Freitag, 24. Januar 2020

  • Das neuartige Coronavirus ist in Europa angekommen: In Frankreich werden zwei Infektionen gemeldet.

Montag, 27. Januar 2020

  • Corona erreicht Deutschland: Ein Mann aus dem Landkreis Starnberg in Bayern hat sich infiziert.
  • Bund und Länder richten einen Krisenstab ein. Einer der ersten Beschlüsse: Fragebögen für Flugreisende aus China, Italien und anderen Ländern.

Freitag, 31. Januar 2020

Samstag, 1. Februar 2020

  • Die aus Wuhan ausgeflogenen Menschen werden zunächst in einer Kaserne im pfälzischen Germersheim isoliert. Zwei von ihnen werden positiv getestet.

Dienstag, 11. Februar 2020

  • Die WHO gibt der Krankheit offiziell einen Namen: Covid-19 (coronavirus disease 2019). Das Virus, das die Krankheit auslöst, nennt sie Sars-CoV-2 (severe acute respiratory syndrome coronavirus 2). In Deutschland spricht man meistens von Coronavirus und Corona.

Samstag, 15. Februar 2020

  • Wenige Tage vor Beginn des Straßenkarnevals feiern Jeckinnen und Jecken in der Gemeinde Gangelt im Kreis Heinsberg eine Kappensitzung. Was noch keiner weiß: Dort kommt es zu einer Massenansteckung, die sich in der ganzen Region fortsetzt.

Sonntag, 23. Februar 2020

  • In Italien sterben die ersten Europäer an Covid-19: zunächst ein Mann in Venetien, dann eine Frau in der Lombardei. Die Behörden riegeln erste Städte im Norden des Landes ab.

Veilchendienstag, 25. Februar 2020

  • In NRW wird der erste Corona-Verdachtsfall bekannt. Tags zuvor, am Rosenmontag, war der Mann aus dem Kreis Heinsberg mit Symptomen einer schweren Lungenentzündung in einer Klinik in Erkelenz aufgenommen worden.

Aschermittwoch, 26. Februar 2020

  • Die erste Infektion in NRW ist bestätigt: Der Mann im Kreis Heinsberg hat Covid-19. Auch seine Frau ist infiziert. Bis zum Abend werden aus dem Kreis insgesamt sechs Infektionen gemeldet - eine weitere aus Baden-Württemberg.
  • In der WDR aktuell-App startet der Corona-Ticker, den wir mehr als zwei Jahre lang fortsetzen.
  • Der NDR startet seinen Podcast "Coronavirus Update". Darin sagt Virologe Christian Drosten: Man könne das Virus zwar nicht "ersticken", aber seine Ausbreitung durch behördliche Maßnahmen "deutlich verlangsamen".

Freitag, 28. Februar 2020

  • Händler wie Lidl und Aldi berichten von ersten Hamsterkäufen. Nachgefragt sind vor allem haltbare Lebensmittel wie Nudeln und Hygieneartikel wie Klopapier und Desinfektionssprays.
  • Bild: Xiao Yijiu/XinHua/dpa

Intensivmedizinerin Aylin Yürüktümen: "Das war eine irre Herausforderung"

  • Bild: Heyder/Uniklinikum Bonn

"Als Intensivmediziner rechnet man immer damit, dass sich ein Virus ausbreitet", sagt Aylin Yürüktümen dem WDR. Sie ist Leiterin der kardiologischen Intensivstation am Universitätsklinikum Bonn. Als in Deutschland die ersten Corona-Fälle auftraten, sei ihr klar gewesen: "Das wird die Spitze des Eisbergs sein."

Anfangs blieb ihre Intensivstation noch verschont von Corona. Aber der Blick nach Italien ließ Yürüktümen Schlimmes erahnen. Dort wütete das Virus schon bald so stark, dass jeden Tag Dutzende, später sogar Hunderte Menschen starben.

Man hat in Italien gesehen, welches Ausmaß das nehmen kann, was so ein Virus verursachen kann.

Ihre ersten Corona-Patienten hatte sie irgendwann im März 2020. Patienten zu isolieren und Schutzausrüstung zu tragen, war für ihr Team nichts Neues. Aber diesmal war das Gesundheitsrisiko ein anderes - ein unbekanntes.

Stets war allen klar: Man könnte sich bei der Arbeit selbst iinfiziert haben und dann das Virus weitertragen. Zum Teil hätten ihre Ärztinnen und Ärzte deshalb wochenlang kaum Kontakt zu ihren Familien gehabt, sagt 52-Jährige.

Das war ein Mega-Team. Das hat zusammengeschweißt.

Eine ihrer größten Sorgen: Ihr Team könnte selbst erkranken und in der Klinik somit eine Versorgungslücke klaffen.

Einmal kam eine Kollegin infiziert aus dem Urlaub zurück, ohne es zu wissen. "Sie hat sich große Vorwürfe gemacht", erinnert sich Yürüktümen. Es ging noch mal gut: Niemand steckte sich an.

"Das war eine irre Herausforderung", sagt Yürüktümen über die Corona-Zeit. Auch die Pflegekräfte hätten "Enormes geleistet".

Zugleich sagt sie: "Wir hatten irrsinniges Glück." Denn ihre Station war nie überfüllt - wohl auch deshalb, weil es am Uniklinikum Bonn noch andere Intensivstationen gibt.

Vielen Patienten habe man das Leben retten können. Vielen aber auch nicht, sagt Yürüktümen. Einer sei schon bei der Einlieferung so schwer erkrankt gewesen, dass er nach etwa vier Stunden starb.

Irgendwann untersagten die Corona-Regeln den Angehörigen, ans Bett kommen zu dürfen. Das sei vielen schwergefallen, erinnert sich Yürüktümen. "Eine Frau stand bei uns heulend im Flur. Wir sagten ihr: Wenn es kritisch wird, sagen wir Bescheid." Sie hatte Glück: Ihr Mann überlebte.

März 2020

Foto: Im der norditalienischen Provinz Bergamo starben an einigen Tagen hunderte Menschen.

Freitag, 6. März 2020

  • Nachdem das Robert Koch-Institut (RKI) bereits mehrere Regionen in Italien als Risikogebiete eingestuft hat, warnt die Bundesbehörde zusammen mit dem Auswärtigen Amt nun auch vor Reisen nach Südtirol.

Sonntag, 8. März 2020

  • Auf einer Urlaubsreise in Ägypten stirbt der erste Deutsche an Corona. Es ist ein 59-jähriger Feuerwehrmann.

Montag, 9. März 2020

  • Auch in Deutschland gibt es nun erste Corona-Tote: eine 89-Jährige aus Essen und ein 78-Jähriger aus Heinsberg.
  • Zur Entlastung von Arztpraxen sind von nun an telefonische Krankschreibungen möglich.

Dienstag, 10. März 2020

  • Die NRW-Landesregierung ruft per Erlass die zuständigen Behörden auf, Veranstaltungen mit mehr als 1.000 Teilnehmern möglichst abzusagen. Bei kleineren Veranstaltungen müsse individuell entschieden werden.
  • Die NRW-Tourismusbranche meldet massive Umsatzeinbußen und ausbleibende Buchungen für den Sommer.

Mittwoch, 11. März 2020

  • Die WHO erklärt Covid-19 zur Pandemie. Damit gilt die bisherige Epidemie als weltweites Phänomen. Zugleich bemüht sich Generaldirektor Tedros Ghebreyesus um Zuversicht: Die Welt könne die Pandemie kontrollieren. Jetzt gehe es darum, "mit Ruhe die richtigen Dinge zu tun und die Bürger der Welt zu schützen. Es ist machbar."
  • In Mönchengladbach findet das Rheinderby zwischen Borussia Mönchengladbach und dem 1. FC Köln als erste Partie in der Geschichte der Fußball-Bundesliga ohne Zuschauer statt. Von einem "Geisterspiel" ist die Rede. Zwei Tage später setzt die Deutsche Fußball-Liga den Spielbetrieb in den ersten beiden Ligen aus.

Donnerstag, 12. März 2020

  • US-Präsident Donald Trump verhängt einen Einreisestopp für EU-Bürger.
  • Der Deutsche Aktienindex rutscht seit knapp vier Jahren unter die 10.000-Punkte-Marke.

Freitag, 13. März 2020

  • NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verkündet, dass Schulen, Kitas und Einrichtungen der Kindertagespflege ab Montag nur noch für Notbetreuungen geöffnet bleiben. Der Beginn der Osterferien werde damit um drei Wochen vorgezogen. Eine Betreuung soll es nur für Kinder von Ärzten, Pflegern sowie Eltern in öffentlicher Ordnung und "wichtiger Infrastruktur" geben. Alle anderen bleiben von nun an wochenlang zu Hause.
  • Geschlossen bleiben auch die landeseigenen Kultur­ein­richtungen. Außerdem sollen von nun an auch Veranstaltungen mit weniger als 1.000 Teilnehmern abgesagt werden.

Samstag, 14. März 2020

  • Das NRW-Gesund­heits­ministerium schränkt Besuche in Alten- und Pflegeheimen ein. Sie bleiben zwar erlaubt, müssten aber auf das "Notwendigste" beschränkt werden - in der Regel auf einen Besucher pro Tag für maximal eine Stunde und nur auf dem Zimmer.
  • Spanien ruft eine landesweite Ausgangssperre als Teil eines Notstands aus. In Frankreich schließen nach dem Vorbild Italiens Restaurants, Bars und die meisten Geschäfte.
  • In Italien sterben täglich etwa 200 Menschen an und mit Corona.

Sonntag, 15. März 2020

  • Das Land NRW verkündet, ab dem morgigen Tag auch Freizeit­aktivitäten stark einzuschränken: Bars, Clubs, Diskotheken, Spielhallen, Theater, Kinos, Museen und Bordelle müssen schließen - am Tag danach auch Fitnessstudios, Schwimm- und Spaßbäder sowie Saunen.
  • Zusammenkünfte in Sport­vereinen, Volks­hochschulen, Musik­schulen und anderen Bildungs­einrichtungen sollen ab Dienstag ebenfalls verboten sein.
  • Mittlerweile sind in NRW sechs Menschen nach einer Corona-Infektion gestorben. Die Zahl der laborbestätigten Neuinfektionen steigt rasant an.

Montag, 16. März 2020

  • Die massiven Einschränkungen für Schulen, Kitas und Freizeit treten in Kraft. Viele sprechen vom Beginn des ersten "Lockdowns".
  • Deutschland schränkt den Grenzverkehr mit Frankreich, Luxemburg, Dänemark, Österreich und der Schweiz massiv ein. Waren und Berufspendler sollen die Grenze aber weiterhin überqueren können.

Dienstag, 17. März 2020

  • Während die Freizeit-Einschränkungen in Kraft treten, beschließt das Landeskabinett bereits weitere Regeln, unter anderem strengere Auflagen für Restaurants. Die Stadt Köln verbietet deren Betrieb komplett. Hotels dürfen keine touristischen Übernachtungen mehr anbieten.
  • Auch Spielplätze und Bolzplätze dürfen nicht mehr genutzt werden.
  • Die Bundesregierung spricht eine weltweite Reisewarnung für touristische Reisen aus.
  • Ikea schließt alle Deutschland-Filialen.
  • Immer wieder werden Alten- und Pflegeheime nach Infektionen unter Quarantäne gestellt. Diesmal ist es das St.-Johannes-Stift in Bochum.
  • Belgien und Frankreich verhängen Ausgangssperren.

Samstag, 21. März 2020

  • Italien meldet 793 Corona-Tote innerhalb eines Tages.

Sonntag, 22. März 2020

  • Die erste Corona­schutz­verord­nung für NRW tritt in Kraft. Darin bündelt das NRW-Gesund­heits­ministerium zahlreiche Corona-Regeln und passt sie fortan in zahlreichen weiteren Fassungen an.
  • Viele Geschäfte müssen geschlossen bleiben. Davon ausgenommen sind unter anderem Lebens­mittel­geschäfte, Drogerien und unter Auflagen Baumärkte.
  • Bund und Ländern einigen sich auf ein weitreichendes Kontakt­verbot. Demnach sind Zusam­men­künfte und Ansammlungen in der Öffentlichkeit von mehr als zwei Personen untersagt. Auch Friseure und Restaurants, wo noch nicht geschehen, müssen für Kunden schließen. Erlaubt sein sollen aber Essens­lieferungen und Außer-Haus-Verkäufe.

Montag, 23. März 2020

  • Das Kontaktverbot tritt in Kraft. Ausgangs­beschrän­kungen wie in Bayern gibt es in NRW aber vorerst nicht.
  • Bild: The NewYorkTimes/Redux/laif

Gastronom Marcel Mansour: "Wir waren hungrig nach sozialen Kontakten"

  • Bild: privat

Im Frühjahr 2020 herrschte im Café Florian noch das pulsierende Leben. Die Gaststätte mit Pariser Flair ist zugleich Café, Bar und Restaurant und eine Institution in der Düsseldorfer Nordstraße. An der Seite seines Vaters Abed Mansour war Marcel Mansour damals noch Juniorchef.

Die ersten Meldungen über das Virus aus Wuhan nahm der studierte Betriebswirt noch nicht so ernst. "Erst dachte ich: Schon wieder so eine Vogelgrippe", erzählt der 30-Jährige dem WDR. "Doch dann änderte sich die Berichterstattung. Schrittweise begriff man den Ernst der Situation."

Als dann vom Karneval in Heinsberg die Rede war, dachte ich: Krass, das hätte auch bei uns passieren können.

Wenig später war im Café Florian nichts mehr wie vorher. Durch die Schutzmaßnahmen "mussten wir erst mal komplett schließen", sagt Mansour. Und niemand habe gewusst, wie es weitergehen wird.

Was tun mit den knapp 20 Mitarbeitenden von der Vollzeitkraft bis zum Studenten?, fragte sich Mansour. "Als Unternehmer trage ich eine Verantwortung für sie." Er beantragte Kurzarbeitergeld, aber das ließ "ultralange" auf sich warten. "Also haben wir es aus eigener Tasche vorgestreckt."

Auch für seine Gäste war die Schließung ein Verlust - für manche richtig schwerer. Einmal sah Mansour durch das Fenster seiner Wohnung drüben auf der anderen Straßenseite eine Stammkundin vorm Café Florian. "Sie kam zu der Uhrzeit, zu der sie immer kam, setzte sich vor die Tür auf ihren Rollator und trank aus einer Flasche Wasser."

Wenig später war der Außer-Haus-Verkauf erlaubt. "Wir verkauften durchs Fenster Kaffee und Mittagessen. Meine Mutter half hinten mit", erinnert er sich. "Geld hat man mit der Nummer nicht verdient. Aber darum ging es nicht. Es ging den Menschen um diese zwei Minuten sozialen Kontakt."

Es ging den Menschen um diese zwei Minuten sozialen Kontakt.

"Wir waren ja alle hungrig nach sozialen Kontakten. Das war wie ein Dienst am Volke. Wie so ein Stadtteilzentrum", sagt Mansour.

Aber das gefiel nicht allen. Ein Anwohner habe sich beim Ordnungsamt beschwert, als Kunden beim Abholen zu nah beieinander standen. Auch das gehöre zu der damaligen Zeit, sagt Mansour: "das Denunziantentum".

Die Unsicherheit über die Zukunft des Betriebs war groß. Aber er persönlich und seine Eltern hätten damals nicht gelitten, sagt Mansour. Darüber sei er froh, denn er habe auch anderes erlebt.

Damals habe er ein kleines Ladenlokal, das ihm gehört, gerade neu vermietet, erinnert sich Mansour. Der Mieter, ein älterer Mann, habe sich mit seinem Ersparten einen Lebenstraum verwirklichen wollen: einen kleinen Friseursalon. "Tagelang hat er alles selbst aufgebaut, auch das Laminat verlegt. Dann bekam er Corona. Eine Woche später war er tot."

April 2020

Foto: Auch in dieser Essener Straßenbahn gilt im April 2020 die Maskenpflicht.

Mittwoch, 1. April 2020

  • Ministerpräsident Laschet ruf einen "Expertenrat Corona" ins Leben, der die Landesregierung beraten soll.

Freitag, 3. April 2020

  • Die Zahl der laborbestätigten Neuinfektionen in NRW beginnt erstmals zu sinken. In den vergangenen sieben Tagen sind nach Angaben des Landes­zentrums Gesundheit 6.631 neue Fälle registriert worden. Täglich sterben in NRW Dutzende Menschen an und mit Corona.
Ich bin damit einverstanden, dass mir Diagramme von Datawrapper angezeigt werden.

Ostersonntag, 12. April 2020

  • Die Menschen feiern Ostern ohne Präsenzgottesdienste. Stattdessen bieten viele Gemeinden Live-Übertragungen und rein digitale Feiern an.

Mittwoch, 15. April 2020

  • Vor dem Hintergrund sinkender Fallzahlen einigen sich Bund und Länder auf Lockerungen der Corona-Regeln. Das Kontakt­verbot soll aber vorerst bestehen bleiben.

Montag, 20. April 2020

  • In NRW dürfen viele Geschäfte wieder öffnen, Kunden müssen jedoch Abstand halten.
  • "Eine vorsichtige und gestufte Wieder­aufnahme des Schul­betriebs" beginnt, wie die Landesregierung mitteilt. In den kommenden Wochen soll schrittweise wieder Präsenz­unterricht stattfinden.

Montag, 27. April 2020

  • In NRW tritt eine umfassende Maskenpflicht in Kraft. Sie gilt bei Fahrten im Öffentlichen Personen­nah­verkehr, beim Einkauf im Einzel­handel und in Arztpraxen. Sogenannte Alltags­masken, also Stoff­masken, gelten als ausreichend - ebenso Schals, die vor Mund und Nase gezogen werden.
  • Bild: imago images/Gottfried Czepluch

Vierfache Mutter Sonja Feierabend: "Für die Kinder war es eine lange Zeit"

  • Bild: privat

"Ich weiß bis heute nicht, wie wir das alles überstanden haben", sagt Sonja Feierabend dem WDR. Sie ist Mutter von zwei Jungen und zwei Mädchen in Paderborn. Als es damals mit Corona losging, besuchten ihre zwei Großen die Grundschule, die beiden Kleinen den Kindergarten.

"Ich erinnere mich an die Krisenstimmung, an die Berichte von den vielen Toten in Italien." Und auch in NRW starben schon die ersten Menschen an und mit Corona. "Als es hieß: Die Schulen und Kitas sind jetzt erst mal zu, war das sogar eine Erleichterung für mich", sagt die 44-Jährige. Es gab ihr ein Gefühl von Schutz.

Damals war sie bereits selbstständig mit einem E-Book-Shop, über den sie eigene Nähanleitungen verkauft. Das Geschäft lief auch ohne sie, florierte sogar im "Lockdown".

Ihr Mann aber, der sonst beruflich oft auf Reisen ist, war plötzlich dauerhaft im Homeoffice. "Wir richteten ihm eine Ecke im Wohnzimmer her. Aber die Kinder waren ja ständig zu Hause. Das war schon nicht leicht."

Eigentlich hatte die Familie Glück: Mit Haus und Garten waren sie nicht auf engstem Raum gefangen und konnten auch die versperrten Spielplätze verkraften. "Aber für die Kinder war es eine lange Zeit", sagt Feierabend. Nicht nur, weil das Fußballtraining und Voltigieren wegfiel. "Ihnen fehlten die Freunde. Man traute sich nicht, sich zu verabreden."

Man hangelte sich von Woche zu Woche, versuchte die Kinder zu motivieren und fragte sich, wann das alles wieder vorbei sein wird.

Kurz nach Beginn des ersten "Lockdowns" im März starb Feierabends Großmutter im Pflegeheim. Direkt danach brach dort Corona aus. "Starb sie infolge einer Infektion?" Das fragte sich ihre Familie. "Wir haben es nicht untersuchen lassen. Sie lag schon seit Wochen im Sterben."

Sehr sonderbar sei die Beerdigung gewesen, erinnert sich Feierabend. Ihre Cousinen und Cousins kamen. Aber die sonst so herzlichen Umarmungen blieben diesmal aus - genau wie das tröstende Trauermahl. "Stattdessen winkten wir uns zu und standen mit fünf Metern Abstand zueinander am Grab."

Vor allem meine Mutter hat sehr gelitten, dass sie ihre Enkel nicht besuchen konnte.

Zwar galt das damalige Kontaktverbot in NRW nicht für private Räume. Aber damals war noch niemand geimpft und Corona-Tests waren nicht verbreitet. "Ständig hieß es: Großeltern sollen ihre Kinder nicht betreuen, weil das Corona-Risiko für Ältere besonders hoch ist." Ihrer Mutter fiel das schwer.

Ende März 2020 wurde Sonja Feierabend 40 Jahre alt. "Ich mache mir da eigentlich nichts draus." Aber diesen Geburtstag hat sie in besonderer Erinnerung. "Meine Mutter backte mir mit Handschuhen und Maske eine Schwarzwälder Kirschtorte, stellte sie auf unsere Terrasse und winkte mir mit Tränen in den Augen zu, statt mich zu umarmen. Es hat ihr wehgetan - und deshalb auch mir."

Mai 2020

Foto: Mit strengen Hygiene-Auflagen darf auch dieser Kölner Friseur im Mai 2020 wieder arbeiten.

Montag, 4. Mai 2020

  • Zahlreiche Bildungs- und Freizeiteinrichtungen dürfen wieder öffnen, unter anderem Volkshochschulen, Museen und Zoos.
  • Unter Hygiene- und Abstandsauflagen machen auch Friseure wieder auf.

Montag, 11. Mai 2020

  • Weitere Lockerungen treten in Kraft. Für Treffen in der Öffentlichkeit gilt jetzt: Sie sind nicht mehr auf zwei Personen beschränkt, dafür aber auf zwei Haushalte.
  • Weitere Schülerinnen und Schüler kehren an die Schulen zurück.
  • Gastronomien dürfen mit Abstandsregeln wieder öffnen. Erste touristische Übernachtungen sind wieder möglich.
  • Auch Freizeitparks dürfen mit Hygienekonzepten den Betrieb wieder aufnehmen.
  • Die Zahl der täglich registrierten Corona-Neuinfektionen in NRW ist seit Anfang April deutlich gesunken. Auch die tägliche Zahl der Toten ist stark zurückgegangen. Insgesamt sind in NRW mittlerweile 2.725 Menschen an und mit Covid-19 gestorben.
  • Bild: imago images/Future Image

Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei

Mit der Lockerung der massiven Corona-Schutzmaßnahmen im Mai 2020 fiel der Alltag vielen Menschen wieder weitaus leichter. Aber manche Probleme fingen gerade erst an.

Für die zwei größeren Kinder von Sonja Feierabend in Paderborn begann schrittweise und mit vielen Problemen der Distanzunterricht. Später gab es auch mal Präsenzunterricht.

"Vor allem mein Großer hat darunter gelitten", sagt Feierabend. Er zeigte eine Auffälligkeit, die erst nach Jahren diagnostiziert wurde und seitdem ärztlich behandelt wird. "Bei dauerhaftem Präsenzunterricht wäre das wohl schon früher aufgefallen."

Marcel Mansour durfte sein Café Florian in Düsseldorf vorerst wieder öffnen. "Aber es dauerte noch mehrere Jahre, bis sich der Betrieb normalisierte", sagt er. Denn die Corona-Regeln für Cafés und Restaurants waren kompliziert und änderten sich ständig. Außerdem hatten viele Menschen weiter Sorge vor Ansteckung.

"Das Geld saß auch nicht mehr so locker. Und lange Zeit wollte niemand mehr in der Gastronomie arbeiten. Wir hatten ein massives Personalproblem", sagt Mansour. Heute ist das vorbei - und in das Café Florian ist das pulsierende Leben zurückgekehrt.

Kardiologin und Intensivmedizinerin Aylin Yürüktümen sagte sich schon damals im Mai: "Das wird sich auf jeden Fall noch bis zum Winter hinziehen." Tatsächlich zog sich die Corona-Zeit noch weitaus länger hin. Die letzten Schutzmaßnahmen liefen erst im April 2023 aus - drei Jahre nach dem ersten "Lockdown".

"Noch einmal muss ich das nicht haben", sagt Yürüktümen über die Zeit. "Aber jeder Intensivmediziner weiß, dass so etwas wiederkommen wird." Sie ist überzeugt:

Es ist nur eine Frage der Zeit bis zur nächsten Pandemie.

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Trailer: WDR-Podcast "CUT - Das Virus, das uns trennt"

Hinweis der Redaktion: Wir geben in diesem Text Mei­nun­gen, Gefühle und Erleb­nisse mehrerer Personen wieder. Fakten­behaup­tungen, die von ihnen getä­tigt wurden, haben wir so weit es uns mög­lich war überprüft.

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