30 Jahre nach der Katastrophe
TschernobylNarben eines Atomunfalls
Scrollen Sie weiter, um zu erfahren, was dann geschah und wie es in und um Tschernobyl heute aussieht!
Mit Fotos und Audiokommentaren
von Ranga Yogeshwar.
TschernobylNarben eines AtomunfallsErkunden Sie das Kraftwerk, die Stadt Pripjat und das Sperrgebiet!
Kraftwerk: Ein Sarg für Block 4
Im Schaltraum
Werfen Sie einen Blick ins Kraftwerk!
Über dem Kraftwerk
Sehen Sie Tschernobyl von oben!
Schutzhülle von oben
Ein neuer Deckel fürs Kraftwerk: Blicken Sie
auf das New Safe Confinement!
(Aktualisiert am: 18. November 2016)
Zu Besuch im Schaltraum
Im SchaltraumWo geschah, was nicht geschehen sollte
»Die Zombies von Tschernobyl«, nennen sie manche. Viele von ihnen kommen, ohne wirklich etwas zu tun zu haben. Das Kraftwerk ist vor 16 Jahren abgeschaltet worden, aber noch betriebsbereit.
Das heißt: Die Brennstäbe lagern in einem Wasserbecken. Sie sollten längst in einem Zwischenlager liegen, das es bis heute nicht gibt.
Neben den Kraftwerksangestellten sind auf dem Gelände etwa 1000 Bauarbeiter beschäftigt, um die Schutzhülle für Block 4 zu errichten.
Über dem Kraftwerk
Tschernobyl von oben
Die Blöcke des Kraftwerks, die noch intakt sind, liegen dicht am zerstörten Block 4. Über diesem errichten Bauarbeiter eine Umhüllung, das New Safe Confinement.
Über dem KraftwerkTschernobyl, eine Baustelle für die Ewigkeit
New Safe Confinement
Fünfmal so viel Stahl wie im Eiffelturm
Es ist ein Bau der Superlative. "Ist das eine echte Maßnahme – oder bloß ein Auftrag für die Baufirmen?", fragt sich Ranga Yogeshwar.
Schutzhülle von obenEin Deckel für Block 4
Da die Radioaktivität unmittelbar über dem Block erhöht ist, liegt der Montageplatz etwas entfernt. Die etwa tausend Arbeiter können hier bauen, ohne sich der Strahlung auszusetzen.
Den Deckel draufschieben
Die Arbeiter schieben das riesige Gebilde langsam über über den havarierten Reaktor von Tschernobyl. Für die 250 Meter brauchen sie mehrere Tage.
Die neue Hülle
Wenn das New Safe Confinement steht, geht die Arbeit erst los.
New Safe ConfinementUnd was nun?
Zum einen soll das NSC die Umgebung vor radioaktiver Strahlung schützen, zum anderen sollen die Arbeiter den Sarkophag und den Reaktor demontieren und radioaktive Trümmer entsorgen.
Sie nutzen dafür ferngesteuerte Kräne und Spezialgeräte.
ZukunftWie es weitergeht, ist noch ungewiss
Geld, das dem Land derzeit fehlt. Es gibt bisher keine Pläne, wie es auf dem Kraftwerksgelände von Tschernobyl konkret weitergehen soll.
Noch ist unklar, ob die Ukraine die jährlichen Betriebskosten von etwa acht Millionen Euro bezahlen kann. Die Lüftung muss stetig laufen und verbraucht viel Energie. Würde sie abgeschaltet, könnte Radioaktivität nach außen gelangen.
Selbst wenn die Arbeiter den Reaktor demontieren und den Müll entsorgen können, bleibt unklar, was beispielsweise mit dem hochradioaktiven Material passiert.
Um den Atommüll sicher zu lagern, müsste ein Endlager gefunden werden – eine Lösung dafür ist noch nicht in Sicht.
Sperrgebiet
SperrgebietBetreten verboten!
Nach dem Unfall im Reaktorblock 4 erklärte die Regierung alles im Umkreis von 30 Kilometern zur Sperrzone.
Unter der ErdeGruben mit radioaktivem Schutt
Wo die Strahlenbelastung nach dem Unfall am höchsten war, hoben die Liquidatoren Gruben aus. Büsche, Bäume und Erde – alles kippten sie hinein.
Die tausend Gruben, die sie damals buddelten, zeugen bis heute davon. Es gibt Pläne, den radioaktiven Schutt auf eine Deponie zu verlagern.
Trotz der Strahlenbelastung, die stellenweise sehr hoch ist, halten sich im Sperrgebiet täglich etwa 15.000 Menschen auf, darunter die 2500 Mitarbeiter des Kernkraftwerks, Waldarbeiter und Forscher.
StrahlenbelastungMal mehr, mal weniger
An vielen Orten sind sie mit denen in Deutschland vergleichbar, wo ein Mensch im Schnitt einer äußeren Strahlenbelastung von 0,08 Mikrosievert pro Stunde ausgesetzt ist.
Das Messgerät zeigt aber immer wieder auch höhere Werte an: 64,5 Mikrosievert pro Stunde. Ein unscheinbares Graphitstück, das vielleicht vom Kraftwerk stammt.
RadioaktivitätSo hoch ist die Strahlenbelastung
Die Werte im Wald sind deutlich erhöht. Im Durchschnitt beträgt der Wert für die Strahlenbelastung hier
2 Mikrosievert pro Stunde.
Die Werte in dem Gebiet rund um das Kraftwerk variieren stark. An vielen Orten sind sie mit denen in Deutschland vergleichbar, wo die äußere Strahlenbelastung im Durchschnitt 0,08 Mikrosievert pro Stunde beträgt.
In der Umgebung rund um die neue Schutzhülle beträgt der Wert für die Strahlenbelastung etwa 5 Mikrosievert pro Stunde.
Zum Vergleich: In Deutschland liegen die Werte im Schnitt bei 0,08 Mikrosievert pro Stunde
Pripjat
Die Stadt liegt nur vier Kilometer vom havarierten Reaktorblock entfernt. Der Wert für die Strahlenbelastung beträgt hier weniger als 1 Mikrosievert pro Stunde.
Roter Wald
Auf den Roten Wald ging eine Wolke radioaktiven Staubs nieder. Zudem verscharrten die Liquidatoren hier Trümmer, die kontaminiert gewesen sind.
Die Werte im Wald sind deutlich erhöht. Im Durchschnitt beträgt der Wert für die Strahlenbelastung hier
2 Mikrosievert pro Stunde.
Radioaktivität – gefährlich oder nicht?
Wie die unterschiedlichen Werte für die Strahlenbelastung einzuschätzen sind, sagt Ranga Yogeshwar.
Graphitstück
Hier hat das Team vom WDR einen höheren Wert gemessen: 64,5 Mikrosievert pro Stunde – das ist so viel wie nahe des Reaktors in Fukushima. Ein unscheinbares Graphitstück, das vielleicht vom Kraftwerk stammt.
Die Werte in dem Gebiet rund um das Kraftwerk variieren stark. An vielen Orten sind sie mit denen in Deutschland vergleichbar, wo die äußere Strahlenbelastung im Durchschnitt 0,08 Mikrosievert pro Stunde beträgt.
Vektor
Vektor ist eine moderne Anlage, in der radioaktives Material verarbeitet und sortiert werden soll. Doch die Anlage läuft nicht, als sich das Team vom WDR dort aufhält. Im Durchschnitt liegt der Wert für die Strahlenbelastung hier unter 0,5 Mikrosievert pro Stunde.
New Safe Confinement
Die Radioaktivität unmittelbar über dem Block ist erhöht. Der Montageplatz liegt daher etwas entfernt. Die Arbeiter können hier bauen, ohne sich der Strahlung auszusetzen.
In der Umgebung rund um die neue Schutzhülle beträgt der Wert für die Strahlenbelastung etwa 5 Mikrosievert pro Stunde.
Block 4
Bis heute ist die radioaktive Strahlung nahe des Reaktors stellenweise deutlich erhöht: Das Team vom WDR hat hier mit dem Geigerzähler bGeigie Nano Werte von bis zu 8 Mikrosievert pro Stunde gemessen.
Zum Vergleich: In Deutschland liegen die Werte im Schnitt bei 0,08 Mikrosievert pro Stunde
Schaltraum
Der Wert für die Strahlenbelastung beträgt im Schaltraum im Schnitt etwa 5 Mikrosievert pro Stunde. Das ist deutlich mehr als der Durchschnittswert in Deutschland (0,08 Mikrosievert pro Stunde).
Interaktive Karte
Wie diese und weitere radioaktive Trümmer die Umgebung von Tschernobyl belasten, zeigt auch diese interaktive Karte auf WDR.de.
ZukunftNaturschutzgebiet oder Endlager?
Der Präsident will aber, dass die Sperrzone verkleinert wird, von 30 auf 10 Kilometer. Die übrige Zone soll dann ein Biosphärenreservat werden.
Auch einige Touristen kommen inzwischen hierher: Die einen, um ihre alte Heimat wiederzusehen, die anderen, um nachzuvollziehen, was passiert ist.
Die Zone besuchen auch Voyeure, die das Abenteuer suchen. Den Thrill, verbotenen Boden zu betreten.
Menschen
»Wir sind zurück- gekommen«Leonid Ryndjuk
1993 zogen die beiden zurück auf ihren kleinen Hof nahe der Stadt Tschernobyl. Mit der Gefahr durch radioaktive Strahlung können sie leben, ohne ihre Heimat aber nicht.
Im Sperrgebiet zuhauseLeonid und Ekaterina Ryndjuk
Es sei hart im Sperrgebiet zu leben, sagen Leonid und Ekaterina Ryndjuk. Es fehle an Infrastruktur. Die Dörfer seien verlassen. Wer hier wohne, führe ein einsames Leben.
Bloß weg hier!Vor 30 Jahren evakuierte die Regierung das Gebiet rund um das Kraftwerk
Viele von ihnen lebten in der Stadt Pripjat, vier Kilometer entfernt vom Kraftwerk. Oder in der Stadt Tschernobyl, die zehn Kilometer weit weg liegt.
Viele der Evakuierten siedelten in die Stadt Slavutich um, die neu errichtet wurde. Slavutich liegt östlich der Sperrzone, 45 Kilometer entfernt von dem Ort, wo im Schaltraum das geschah, was nicht geschehen sollte.
»Ich war der letzte Mann im Schaltraum«Alexej Breus, Ingenieur
Erst als sich der Bus dem Kraftwerk näherte, sah er durch die Scheibe den zerstörten Block 4. Wenn das ein Traum war, dann ein schlechter.
Im Schaltraum traf Breus zwei seiner Kollegen. In den Stunden zuvor hatten sie versucht, Schlimmeres zu verhindern. Ohne Erfolg. Es war das letzte Mal, das Breus die beiden sah. Sie starben infolge einer Überdosis radioaktiver Strahlung.
Wie viele Menschen starben infolge der Reaktorkatastrophe?
39 Menschen sind am akuten Strahlensyndrom gestorben – das ist unumstritten. Ob und wie viele weitere Menschen infolge des Unfalls starben, lässt sich kaum sagen.
OpferDie Zahl der Krebstoten variiert
Pripjat
Durch die Ruinen Pripjats staksen
Die Bewohner mussten vor 30 Jahren ihre Wohnungen von heute auf morgen verlassen. Wer durch die öffentlichen Gebäude geht, fühlt sich in eine andere Zeit versetzt.
PripjatDie Stadt, in der nur Geister leben
VerlassenFrüher lebten hier fast 50.000 Menschen. Heute lebt hier niemand.
Und verloren es alsbald wieder: Die Stadt liegt nur vier Kilometer vom Kraftwerk entfernt. Nach dem Unfall im Reaktor wurde Pripjat vollständig evakuiert.
Um Plünderern zuvorzukommen, räumte die Armee die Wohnungen. Die Diebe kamen trotzdem: Sie stahlen Armaturen, Steckdosen und anderes Inventar. Heute sind viele Gebäude einsturzgefährdet.
Ein Klassenzimmer aus der Zeit der ehemaligen Sowjetunion
ZeitreiseZurück in die Vergangenheit
Radioaktivität friere die Zeit ein, sagt Ranga Yogeshwar. Doch nur für den Menschen,
nicht für die Natur.
Die Natur erobert die Stadt zurück
Menschen leben hier nicht. Büsche und Bäume drängen immer weiter vor, überwuchern Straßen und Häuser. Pripjat ist ein Beispiel dafür, wie rasch sich die Natur zurückholt, was ihr einst gehörte.
PripjatEine Stadt für niemanden
Früher ein Schwimmbad, heute ein Mahnmal
Die Bürger aus Pripjat kamen vor dem Unfall hierher, um zu trainieren und den Alltag zu vergessen. So wird es nie wieder sein.
Früher und heuteIm Schwimmbad von Pripjat
Super-Gau
Super-GauAls geschah, was nie geschehen sollte
Doch in dieser Nacht ging alles schief. Sowohl die Schnellabschaltung als auch Notkühlung versagen. Einer der Angestellten gibt falsche Befehle in die Reaktorautomatik von Block 4 ein.
Die Folge: eine unkontrollierte Kettenreaktion und schließlich – die Kernschmelze. Zwei Wasserstoffexplosionen zertrümmerten die Betonhülle des Reaktorblocks.
LiquidatorenSchutt beseitigen
Die Liquidatoren kletterten unmittelbar nach dem Unfall auf die Dächer neben dem havarierten Reaktorblock, um Trümmer wegzuschippen.
Jeder durfte nur 40 Sekunden auf dem Dach bleiben – sonst wäre die Strahlenbelastung zu hoch gewesen.
Ob und wie viele der Liquidatoren infolge der Strahlenbelastung erkrankten, lässt sich kaum ermitteln. Die Opferzahlen variieren stark.
Zu wenig Wissen über Kernkraft
Wie die Menschen 1986 auf die Katastrophe von Tschernobyl reagierten, beschreibt Ranga Yogeshwar.